Humanoide Professorin

RUBRIK BONN, DEINE LEHRENDEN  Prof. Dr. Maren Bennewitz ist die Herrscherin der humanoiden Roboter – zumindest im Institut für Informatik VI. Im AKUT-Gespräch verrät die zweifache Mutter, wie die menschenartigen Maschinen auch im Kinderzimmer helfen können.

INTERVIEW ALEXANDER GRANTL

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Prof. Maren Bennewitz: »Die Naos sehen einfach süß aus« (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

AKUT   Sie sind seit 2014 an der Universität Bonn Professorin für Humanoide Roboter. Vorher waren Sie 6 Jahre Juniorprofessorin in Freiburg. Welche Uni ist robotermäßig vorne?

BENNEWITZ   Das kann man so natürlich gar nicht beantworten. (lacht) Freiburg hat jedenfalls eine sehr große Robotikgruppe – dort gibt’s definitiv mehr Doktoranden und Forschende, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Allerdings haben wir in Bonn mittlerweile auch drei Robotikgruppen: Eine, die sich mit autonomen intelligenten Systemen befasst; meine Gruppe, die viel mit humanoiden Robotern arbeitet und eine Gruppe im Institut für Geodäsie, die sich neben Luftbildmessungen auch etwa mit Outdoorrobotik beschäftigt. Es gibt in Bonn also drei starke Gruppen, doch im direkten Vergleich liegt sicher Freiburg vorne. Aber wir holen auf.

AKUT   Was fasziniert Sie an humanoiden Robotern?

BENNEWITZ   Zunächst einmal sehen die Naos, mit denen wir arbeiten, einfach süß aus. Viele Menschen können sich dadurch schnell mit ihnen emotional anfreunden. Wir arbeiten aber auch noch mit anderen Robotern, etwa Plattformen, die Räder haben. Die sind natürlich nicht ganz so niedlich. Warum mich Robotik fasziniert? Weil man in der Robotik sofort sieht, ob ein Algorithmus funktioniert oder nicht. Man überlegt sich erst eine Problemstellung, dann implementiert man eine Lösung und probiert das Programm direkt aus. Das kann man teilweise auch in Simulation machen, aber wenn man es mit dem Roboter ausprobiert, weiß man sofort, ob das System robust ist oder nicht. Leider ist es das sehr oft nicht direkt der Fall, sodass man das System weiterentwickeln muss. Aber genau das finde ich spannend, weil man nie auf Anhieb weiß, wie ein System sich in allen möglichen Situationen verhält. Anders, als in anderen Gebieten der Informatik, die beispielsweise Algorithmen entwickeln, um Datenbanken zu durchforsten.

Humanoider Roboter Nao (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Humanoider Roboter Nao (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

AKUT   Warum sollten Roboter überhaupt humanoid sein?

BENNEWITZ   Die Idee dahinter war, dass menschenartige Roboter von echten Menschen eher akzeptiert werden, als eine Maschine, die nicht menschlich aussieht. Natürlich ist das eine Gratwanderung, denn sehen die Maschinen zu menschlich aus, erwartet man viel eher, dass sie auch intelligente Dinge tun. Natürlich aber hilft ihnen die Menschenähnlichkeit auch dabei, sich in für Menschen gedachten Umgebungen zu bewegen: Beine zum Treppensteigen, Arme zum Greifen und Halten.

AKUT   Gibt es eine Grenze zur »Menschenähnlichkeit«, die man nicht überschreiten sollte?

BENNEWITZ   Man sollte in jedem Fall erkennen können, ob es ein Mensch oder eine Maschine ist. Besonders in Japan gibt es Forscher, die sich hauptsächlich auf die Hardware beschränken. Die haben dann sehr menschlich aussehende Systeme, die sich aber gar nicht so menschlich verhalten. Das finde ich wirklich nicht schön und das ist auch nicht unser Ziel. Unsere Systeme sollen sich intelligent verhalten, wir fokussieren uns auf die Software. Der Nao-Roboter, den wir nutzen, ist eine Standardplattform eines französischen Herstellers. Zudem gibt es die These des »Tals der Ähnlichkeit«, nach welcher zu menschliche Maschinen eher beängstigend auf Menschen wirken. Wo genau diese Grenze liegt, ist aber schwer zu sagen.

AKUT   Ihre Roboter können Treppensteigen, auch Wendeltreppen, Dinge greifen, tragen, Schere-Stein-Papier spielen – was noch?

BENNEWITZ   Na, das ist doch schon eine ganze Menge! In einem aktuellen Projekt arbeiten wir mit einer Plattform, die Räder und einen Greifarm hat – die soll beim Aufräumen von Kinderzimmern helfen. Einer meiner Doktoranden versucht, dass der Roboter dabei mit den Kindern interagiert. Wichtig ist, dass der Roboter den Kindern nicht alles abnimmt, sondern spielerisch mit ihnen umgeht: Etwa können die Kinder dem System beibringen, an welche Stelle die Spielsachen gehören. Dann räumen sie in Zusammenarbeit auf. Bei diesem Projekt haben wir uns zwar erstmal auf Kinderzimmer und Kindertagesstätten konzentriert – die gleichen Methoden ließen sich aber auch zum Aufräumen von Hotelzimmern anwenden.

AKUT   Und diese Problemstellungen kommen direkt aus dem »echten Leben«…?

BENNEWITZ   Ja. Zumindest konnte jeder, dem ich von diesem Projekt erzählte, sofort etwas mit dem Problem anfangen. Tatsächlich entstand diese Idee aber zwischen Kollegen, die keine kleinen Kinder mehr hatten.

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

AKUT   Inwiefern können Ihre Roboter eigentlich selbstständig lernen?

BENNEWITZ   Bis zu einem gewissen Schwierigkeitsgrad können sie Vorgänge schon lernen, aber vieles muss noch vorgegeben werden. Ein Beispiel: Der Roboter steht im Türrahmen und soll ein Objekt mitten im Raum greifen. Er bekommt nicht den Befehl »ein Schritt nach vorne, noch ein Schritt nach vorne, ein Schritt nach rechts, …« – sondern man gibt die Zielposition des Objekts vor. Die Bewegungen zum Objekt hin plant er dann selbstständig. Ist das Objekt aber sehr schwer oder schwierig zu greifen, ist er auf Hilfe angewiesen. Allerdings wird es wohl nie eine Maschine geben, die allgemein irgendwelche Dinge lernt und sich selbst immer weiter verbessert.

AKUT   Sie gehen davon aus, dass Roboter, die Endverbraucher im Alltag unterstützen, in ein paar Jahren marktreif sind. Wem werden die alles nützen?

BENNEWITZ   Nun, Staubsaug- und Rasenmähroboter gibt es schon. Das sind allerdings auch Systeme, bei welchen keine Interaktion notwendig ist. Die erledigen ihre Aufgabe: saugen, wischen, mähen – Autofahren können sie auch schon. Den persönlichen Haushaltsassistenten, der Tische ab- und Geschirrspüler einräumt, wird es aber erst in etwa 20 Jahren geben. Es dauert, bis er so dynamisch und robust ist, um in diesen Umgebungen zu funktionieren.

AKUT   Sie sind zudem eine von fünf Prorektorinnen und Prorektoren der Uni Bonn, Ihr Ressort ist Informationstechnologie und Wissenstransfer. Was bedeutet das konkret? Und wie unterstützen Sie die humanoiden Roboter dabei?

BENNEWITZ   Die können dabei leider gar nicht helfen! Aber meine vier Kollegen und ich treffen uns wöchentlich mit dem Rektor und dem Kanzler – da besprechen wir alle möglichen Themen: Anträge zum Schaffen oder Verlängern von Stellen, Berufungen, Liegenschaften… Es ist sehr kollegial und die Arbeit macht Spaß. Ich bin für das Ressort Informationstechnologie und Wissenstransfer zuständig. Da geht es darum, die IT-Infrastruktur der gesamten Uni Bonn weiter zu entwickeln und wettbewerbsfähig zu halten. Vor allem für die Mitarbeiter und die Verwaltung. Es soll eine Infrastruktur sein, in denen sie effizient arbeiten können. Im Bereich »Wissenstransfer« halten wir Kontakt zu Unternehmen und Institutionen in der Umgebung – denn die Erkenntnisse unserer Forschung sollen ja irgendwann zu marktreifen Produkten werden.

AKUT   Noch ein Wort zum Abschluss, bitte.

BENNEWITZ   Seit ich als Professorin an der Uni Bonn bin, wo ich Informatik studiert habe, hat sich für mich ein Kreis geschlossen. Ich bin sehr froh, wieder im Rheinland zu sein. Die Mentalität hier ist einfach einzigartig und die Uni Bonn verkörpert ein tolles Zusammengehörigkeitsgefühl. 

Selber Schuld?

GEISTESWISSENSCHAFTEN  Sie haben es nicht einfach: kaum feste Stellen, schwammige Perspektiven und dauernd: »Was soll mal aus dir werden?« Zu ihrer Lage tragen Geisteswissenschaftler selber bei – sagt der Bonner Lehrbeauftragte Alexander Kleinschrodt.

VON SOHIEL PARTOSHOAR

Fotomontage: Sohiel Partoshoar / AKUT

Fotomontage: Sohiel Partoshoar / AKUT

»Ich habe vierzehn Semester studiert!« Alexander Kleinschrodt wirkt nicht beschämt ob dieser Aussage. Im Gegenteil: »Ich habe vierzehn Semester ganz intensiv studiert.« Dabei ist es gerade einmal zehn Jahre her, dass er in Bonn sein Magisterstudium der Musikwissenschaften, Kunstgeschichte und Germanistik begann. Er wurde studentische Hilfskraft, stieg nach dem Abschluss in eine Promotion ein und sammelte reichlich Erfahrung als Dozent. Insofern ist nachvollziehbar, wenn er betont, dass jedes einzelne Semester sinnvoll gewesen sei.

Zehn Jahre können die Welt bedeuten – wer heute eine zweistellige Semesterzahl vorweisen kann, wird offener mit Argwohn betrachtet. Das Stichwort Bologna bezeichnet der 30-Jährige etwas abschätzig als »Gemeinplatz« und gibt doch im Hinblick auf die deutlich kürzeren Regelstudienzeiten im Bachelorstudium zu bedenken: »Bedenklich finde ich, dass die Vorgaben für das Studieren und die realen Bildungskarrieren nach meiner Wahrnehmung oft genug auseinanderdriften.« Kleinschrodt hat sich allen Debatten zum Trotz nicht von seiner Überzeugung abbringen lassen, dass eine individuelle Laufbahn fernab willkürlicher Fristen und Einschränkungen doch noch erstrebenswert sein könnte.

Dies scheint er beispielhaft vorzuleben: Im Fach Musikwissenschaften/Sound Studies hat er im Laufe einiger Jahre Seminare geleitet, in denen er die Beziehungen zwischen sogenannter ernster und populärer Musik sowie das Spannungsfeld zwischen Musik und Klang ausgelotet hat. Inzwischen konzentriert er sich auf interdisziplinär ausgerichtete Optionalmodule; im Wintersemester 2015/16 etwa mit dem Kurs »Umwelt und Nachhaltigkeit als Gegenstand der Geistes- und Kulturwissenschaften«. Er engagiert sich seit Jahren in der Werkstatt Baukultur Bonn, einem kunsthistorisch geprägten Bonner Kollektiv, das öffentliche Debatten zu Architektur, Städtebau und Denkmalpflege anregen und bereichern möchte. Zudem hat er für eine Lokalredaktion des Kölner Stadt-Anzeigers vorwiegend Konzertkritiken geschrieben – »und alles andere«, was auch Berichte zu Karnevalsumzügen einschließt.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Kleinschrodt im Kern Kulturwissenschaftler sei, was er allerdings präzisiert wissen möchte: »Ich sehe meinen Platz zunehmend zwischen der reinen Wissenschaft und der Öffentlichkeit.« Die Herausforderung bestehe darin, die eigene fachliche Spezialisierung im Berufsleben beizubehalten und sie konstruktiv einzubringen, was insbesondere einigen Geisteswissenschaftlern schwerzufallen scheint. Etwa im Journalismus werde noch oft eingeworfen: »›Wissenschaft und Journalismus muss man sprachlich trennen, man muss alles von der Uni vergessen‹ – das halte ich für ein ganz übles Klischee.«

Hierbei stellt er die Frage: »Warum gelingt es zum Beispiel Neurowissenschaftlern so viel besser, ihre Themen zu platzieren? Warum gilt es anscheinend nicht als attraktiv, einen Germanisten oder Musikwissenschaftler zu befragen, wenn ein Expertenstatement gebraucht wird?« Den Einwurf, dass die Geisteswissenschaften ein Imageproblem haben könnten und sich der öffentliche Diskurs auf die sogenannten MINT-Fächer als Fortschrittsbringer fixiert habe, lässt er bestenfalls eingeschränkt zu. Er sieht das Problem an anderer Stelle: »Wieso gilt es denn als Makel, etwa im Feuilleton am öffentlichen Diskurs teilzunehmen?« Dabei paraphrasiert er den Sozialpsychologen Harald Welzer, der den Geisteswissenschaftsbetrieb vielfach in die Mangel genommen hat: »Es gibt da eine selbstverschuldete Marginalisierung, aus der man aussteigen muss. Ich finde da hat Welzer völlig Recht.«

Die Geisteswissenschaften stünden in der Pflicht, die Ursachen dieser »selbstverschuldeten Marginalisierung« zu beheben. Kleinschrodt sieht den Zeichen- und Kulturtheoretiker Umberto Eco als ein Vorbild: »Ich war eine Zeit lang fasziniert von seiner Einführung in die Semiotik. Das Thema ist an sich kompliziert und nicht so leicht zu greifen, aber hier wird es wirklich für den Leser entfaltet.« Und: »Man kann aus unseren Fächern heraus die Themen vermitteln – nicht nur die Gegenstände, sondern auch die Methoden.«

Doch erwartet man das überhaupt von den Geisteswissenschaften? Angesprochen auf die Erwartungshaltung vieler, denen mit Einleitungen wie »Wissenschaftler haben herausgefunden, dass…« klare Antworten auf komplizierte Fragen versprochen werden, präzisiert Kleinschrodt zunächst die Erwartungshaltungen aus seiner Sicht: »Entweder es gibt ein Problem, man forscht und hat dann irgendwann eine Lösung – oder man entdeckt etwas. Diese beiden Erwartungen gibt es. Geisteswissenschaftler machen das aber nicht.«

Am Beispiel der gemeinhin kontroversen Gender Studies erklärt er, wozu Geistes- und Kulturwissenschaftlern tatsächlich imstande sind: »Egal, was man davon hält – das Bewusstsein für solche Fragestellungen hat sich in kurzer Zeit extrem ausgebreitet. Plötzlich verändert sich eine öffentliche Debatte total, weil auf einmal bestimmte Begriffe in der Welt sind, wie eben ›Gender‹.«

Letztlich sieht Kleinschrodt seine Aufgabe darin, Begriffe für fremdartige Phänomene zu finden und sie im wissenschaftlichen Diskurs, aber auch gezielt in der Öffentlichkeit zu platzieren. »Man muss selbstbewusst mit den Mitteln, die Geisteswissenschaftler qua Ausbildung haben, etwas machen. Man muss sie zeigen und nutzen.«

Der junge Wilde

RUBRIK BEKANNTE ABSOLVENTEN  Norbert Röttgen war Bundesumweltminister und ist nun Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Im E-Mail-Interview berichtet er über sein Studium in Bonn, den Weg nach Berlin und die Herausforderungen der Außenpolitik.

INTERVIEW SOPHIE LEINS

CDU-Politiker Röttgen »Ich habe nicht geplant, Politik zum Beruf zu machen« (Foto: WOLFGANG HENRY / CC BY-SA 3.0 de)

CDU-Politiker Röttgen »Ich habe nicht geplant, Politik zum Beruf zu machen« (Foto: WOLFGANG HENRY / CC BY-SA 3.0 de)

AKUT   Herr Röttgen, 1984 machten Sie ihr Abitur in Rheinbach, dann studierten Sie Rechtswissenschaften in Bonn. Warum war Bonn für Sie als Studienstadt attraktiv? Was hat Bonn, was Berlin nicht hat?

RÖTTGEN   Bonn ist eine tolle Stadt mit einem ganz besonderen Flair; die Uni hatte und hat einen ausgesprochen guten Ruf. Als Rheinländer war Bonn für mich deshalb als Studienstadt erste Wahl. Zu Ihrer letzten Frage: Berlin fehlt der Rhein; und den Berlinern ganz eindeutig die rheinische Mentalität.

AKUT   Sie sind schon als Schüler in die Junge Union eingetreten. Ab wann hatten Sie das Ziel, in die Politik zu gehen?

RÖTTGEN   Mir hat die Arbeit in der JU und später in der CDU schon als Schüler und Student Freude gemacht. Aber ich habe nicht geplant, Politik zum Beruf zu machen. Dies hat sich erst später ergeben.

AKUT   Sie gelten als ehrgeizig und haben sich in der Politik bis nach ganz oben hochgearbeitet. Waren Sie ein strebsamer Student? Wie sah Ihr Studentenleben aus?

RÖTTGEN   Die Studienzeit war eine tolle Zeit! Mein Studium hat mir Freude gemacht und, anders als von den Studenten heute vielfach beklagt, war daneben noch genug Zeit für andere Dinge. Ich habe zum Beispiel viel Sport getrieben.

AKUT   Inwiefern hat sie das Jurastudium auf Ihre Karriere als Politiker vorbereitet?

RÖTTGEN   Ich habe im Studium gelernt, mit juristischen Texten umzugehen, aber auch, mir Sachverhalte analytisch zu erschließen und strukturiert Lösungsansätze zu erarbeiten. Das hilft mir heute sehr.

AKUT   Wie verlief letztlich Ihr Weg vom Studium in Bonn zur Bundespolitik?

RÖTTGEN   Nach dem Zweiten Staatsexamen hat mich mein Weg in eine Kölner Anwaltskanzlei geführt. Kurz danach stand ich vor der Entscheidung, mich für die CDU um die Bundestagskandidatur in meinem Heimatwahlkreis zu bewerben, weil Franz Möller nicht erneut kandidieren wollte. Ich habe mich dann zunächst der parteiinternen Auswahl gestellt und bin 1994 zum ersten Mal als Wahlkreisabgeordneter in den Deutschen Bundestag gewählt worden.

AKUT   Ihr Erstes Staatsexamen machten Sie 1989, das Referendariat Anfang der 1990er. Wie fühlte es sich an, als die Bundeshauptstadt dann vom heimatlichen Bonn nach Berlin verlegt wurde?

RÖTTGEN   Der Umzugsbeschluss fiel am 20. Juni 1991 im Wasserwerk in Bonn. Ich erinnere mich sehr genau an diesen Tag. In Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis herrschte »Weltuntergangsstimmung«. Glücklicherweise haben sich die Befürchtungen nicht bewahrheitet. Unsere Region hat den notwendigen Strukturwandel gut bewältigt. Aber das war und ist leider auch weiterhin mit viel Arbeit verbunden.

AKUT   Ende der 1990er gehörten Sie einer Gruppe innerhalb der CDU an, die als »Junge Wilde« bezeichnet wurde, weil sie gegen die Parteiführung von Helmut Kohl aufbegehrte. Viele dieser jungen Wilden, z.B. Christian Wulff, Peter Altmaier, Ronald Pofalla und auch Sie sind damals ein Risiko eingegangen, haben es dann aber in hohe Positionen geschafft. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt?

RÖTTGEN   Der Sinn politischer Arbeit ist nach meinem Verständnis nicht, ein Amt zu bekleiden. Wir sind damals mit ganz konkreten inhaltlichen Zielen angetreten. Es ging uns z.B. um eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und eine stärkere Beteiligung der Mitglieder an parteiinternen Entscheidungsprozessen. Dafür haben wir gekämpft – gegen erhebliche Widerstände. Aber letztlich waren wir in den zentralen Punkten erfolgreich, auch wenn es einige Zeit gedauert hat.

Norbert Röttgen im NRW-Landtagswahlkampf 2012 (Foto: TIM RECKMANN / CC BY-SA 3.0 de)

Norbert Röttgen im NRW-Landtagswahlkampf 2012 (Foto: TIM RECKMANN / CC BY-SA 3.0 de)

AKUT   Braucht die Merkel-CDU von heute wieder einmal ein paar junge Wilde, die wagen zu rebellieren?

RÖTTGEN   … ein bisschen Rebellion schadet einer Partei wohl nie.

AKUT   Sie trafen sich damals unter anderem mit Vertretern der Grünen in Bonner Pizzerien, um Gemeinsamkeiten zwischen ihren Parteien auszuloten. Das Ganze wurde als »Pizza-Connection« bekannt. Welche Bonner Pizzeria können Sie uns empfehlen?

RÖTTGEN   Damals haben wir uns stets im gleichen Restaurant getroffen. Inzwischen weiß ich aber, dass es in Bonn und in der Region noch sehr viel mehr gute Restaurants gibt 😉

AKUT   2001 promovierten Sie an der Universität Bonn zum Dr. jur. – hatten und haben Sie eine enge Bindung zu Ihrer Alma Mater?

RÖTTGEN   Ja. Mir ist ein enger Kontakt bis heute wichtig. So habe ich mich sehr gefreut, im Herbst gemeinsam mit dem Rektor der Uni, Herrn Professor Hoch, die Präsidentin des German Marshall Fund zu einem Gespräch in der Uni begrüßen zu können.

AKUT   Mittlerweile sind Sie Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Was sehen Sie momentan als größte außenpolitische Herausforderung für Deutschland?

RÖTTGEN   Leider ist die Liste der außenpolitischen Herausforderungen derzeit sehr lang – und jede für sich fordert eigentlich unsere ganze Kraft. In dieser Situation zeigt sich besonders deutlich, wie existenziell wichtig ein starkes und einiges Europa ist. Ich hoffe sehr, dass es gelingt, die europäische Krise, in der wir stecken, rasch zu überwinden. Ebenso, wie wir im Hinblick auf den internationalen Terrorismus mit einer Sprache sprechen, muss es gelingen, auch in der Flüchtlingspolitik europäische Lösungen zu finden.

AKUT   Wie schätzen Sie die Notwendigkeit eines militärischen Einsatzes Deutschlands in Syrien ein?

RÖTTGEN   Der Kampf gegen den sogenannten »Islamischen Staat« kann nicht mit militärischen Mitteln ohne ein politisches Konzept gewonnen werden. Aber ohne eine militärische Präsenz des Westens im Mittleren Osten wird die Diplomatie keine Chance haben. Der Einsatz der Bundeswehr, den der Deutsche Bundestag beschlossen hat, liegt im Interesse unserer eigenen Sicherheit, der Sicherheit in Europa. Aber es sind die Menschen in Syrien und im Irak, die am allermeisten unter dem Terror leiden. Für sie sind die Gräueltaten von ISIS schrecklicher Alltag. Jeden Tag werden Mädchen verkauft und misshandelt, damit der Terror finanziert werden kann.

Wir können die Opfer, die unter der Brutalität und Menschenverachtung des ISIS-Terrors leiden, nur beschützen, indem wir handeln – auch militärisch.

AKUT   Mit Ihren 50 Jahren haben Sie das politische Leben in Deutschland schon aus vielen Perspektiven kennen gelernt: Vorsitzender der Jungen Union NRW, Mitglied des Bundestages, Bundesminister, Spitzenkandidat für den Posten des Ministerpräsidenten NRW, Ausschussvorsitzender – was geben Sie den Bonner Studierenden mit auf den Weg?

RÖTTGEN   Wichtig ist aus meiner Sicht, für sich persönlich herauszufinden, was einem Freude macht, was einem liegt, wofür man sich einsetzen möchte. Und dann sollte man auch den Mut haben, dies zu tun. 

Platzangst

PHILOLOGISCHE BIBLIOTHEKEN  Die »Shopping Mall« im Viktoriakarree kommt nicht. Ein Gewinn für das Bürgerbegehren und Bonns Stadtbild – ein Rückschlag für die Uni Bonn. Diese muss bis 2018 Platz für tausende Bücher finden. Ideen gibt es schon – Räume nicht.

VON EVA FÜRST

Wenig Platz für AKUT-Redakteurin Eva (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Wenig Platz für AKUT-Redakteurin Eva (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Um die Dringlichkeit des Projektes philologische Bibliothek zu verstehen, geht man am besten acht Jahre zurück, an den Ursprung der Idee. Klar war: Das Hauptgebäude muss saniert werden. Was nicht klar war, ist die riesige Fläche, die im Hauptgebäude von verschiedenen Institutsbibliotheken in Anspruch genommen wird, obwohl die meisten Standorte denkbar ungeeignet sind: Überdurchschnittlich breite Flure und fehlender Platz für Zuwachs. Vollgestopfte Regale und ewig lange Bücherschläuche sind für viele Studierende Bibliotheksalltag. Es musste also über provisorische Lösungen nachgedacht werden: Wohin mit den Büchern während der Sanierung? Dann wurde klar: Provisorische Lösungen allein reichen nicht. Die Statik des Hauptgebäudes wird im Zuge der Sanierung nicht verstärkt, und seit dem Brand am Düsseldorfer Flughafen sind die Brandschutzbestimmungen so verschärft worden, dass die Bibliotheken nicht wieder zurück an ihre alten Standorte ziehen dürfen. Die bisherigen Bibliotheksflächen wurden offiziell für ungeeignet erklärt, es musste zwangsläufig ein neuer Standort her. Die Idee, die betroffenen Institutsbibliotheken des Hauptgebäudes zu einer großen philologischen Bibliothek zusammenzuschließen, lag nahe. Wie vom Himmel geschickt kam das Viktoria-Projekt der Stadt Bonn – die Lage perfekt durch die Nähe zum Hauptgebäude, die Gelegenheit günstig wie nie. Die Uni klinkte sich in das Projekt mit ein und begann mit der Planung der philologischen Bibliothek.

Um allen Parteien gerecht zu werden, wurde ein Beirat aus Universitäts- und Institutsangehörigen gegründet und ein Studierendenworkshop durchgeführt, in dem die Hauptnutzer der Bibliotheken ihre Ideen und Wünsche äußern und in die Planung mit einbringen konnten. Unter der Leitung von Dr. Alice Rabeler sollte mit Input von allen Seiten ein Konzept entwickelt werden. Während von der Seite der Institute einige Sorge um ihre Selbstständigkeit und ihren Einfluss auf die Bestände kam, war die Stimmung beim Studierendenworkshop positiv und dem Projekt zugewandt. Nach vielen Gesprächen im Beirat wurde die Idee eines Zusammenschlusses immer reizvoller. Die Vision eines modernen, gut organisierten Standorts mit vielen Arbeitsmöglichkeiten nahm Form an.

Wie also sieht die Vision genau aus? Die philologische Bibliothek soll nicht nur aus den Institutsbeständen im Hauptgebäude (ausgenommen die Kunstgeschichte, die sich im Erdgeschoss befindet und bleiben wird) bestehen, sondern auch die kompletten Orient- und Asienwissenschaften mit aufnehmen. Damit wird den Studierenden und den Wissenschaftlern die Nutzung der zurzeit wild verstreuten Bestände erheblich erleichtert. Grundlegend wird die Bibliothek in zwei Teile aufgeteilt: die westlichen Philologien wie Germanistik mit Skandinavistik, Anglistik mit Keltologie und der Romanistik; und die »IOA«-Abteilung (Institut für Orient- und Asienwissenschaften). Die Institutsbibliotheken werden allerdings nicht einfach nur an einen anderen Ort verpflanzt und genau so weiter geführt wie bisher. Besonders bei den Literatur- und Kulturwissenschaften gibt es Werke, die nicht nur für eine Sprache nützlich sein können. Es wird daher eine Universalaufstellung geben, die nach Thema des Buches, nicht nach Institut sortiert wird. So findet man alle vorhandenen Werke zu einem bestimmten Thema, zum Beispiel romantische Dichtung, an einem Ort gebündelt. Mit dieser neuen Systematik geht eine weitere Änderung einher: Die Signaturen. Um einen einheitlichen Bestand einfach und sinnvoll zu ordnen, wird eine einheitliche Signaturensystematik eingeführt. Die IOA-Bestände werden nach der Dewey Decimal Classification (DDC) beschriftet, die westlichen Philologien dagegen nach der Regensburger Verbundklassifikation (RVK). Das bedeutet, dass bei allen Büchern der betroffenen Bestände die alten Signaturen gelöscht und vom Büchrücken entfernt werden, dann die neuen katalogisiert und draufgeklebt werden müssen. Selbst wenn die Umstellung zunächst Arbeit und Umgewöhnung bedeutet: Man wird anhand der neuen Signaturen weiterhin erkennen können, um welches Thema oder Fachgebiet es sich handelt, wie es in den Institutsbibliotheken Gang und Gäbe ist.

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(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Geplant sind um die 500 Lese- und Arbeitsplätze. Ein großer Teil davon soll ein ruhiger Lesesaal sein, wie in der ULB. Gruppenarbeitsräume, Räume für Video- und Tonanalyse, Präsentations- und Kolloquiumsräume sind in Planung. Neue Ideen, die von den Studierenden des Workshops eingebracht wurden, sind zwei Eltern-Kind-Räume sowie eine »mobile Fläche«, wo ganz nach den Bedürfnissen der Nutzer Beamer, Computer, Raumtrenner etc. dazugeholt oder weggestellt werden können. Die Räume sollen online reservierbar sein. Zur Ausstattung gehören weiterhin Scanner, Kopierer und Netzdrucker, sowie um die 600 Schließfächer.

Eine der größten Fragen, die bisher noch nicht abschließend geklärt werden konnte, ist die der Ausleihbarkeit. Zunächst soll die Bibliothek ein Präsenzbestand bleiben, obwohl Kurzausleihe über Nacht gestattet wird. Um das übersichtlich zu organisieren, wird eine elektronische Verbuchung eingeführt, ebenfalls nach dem Vorbild der ULB. Hier sehen viele Professoren ein Privileg bedroht – bisher haben viele einen Schlüssel für die Institutsbibliothek und können so schnell vor oder nach dem Unterricht Bücher mitnehmen oder zurückbringen – oder eben auch nicht. Ein Problem vieler Bibliotheken ist, dass manche Dozenten sich Werke ausleihen und jahrelang nicht zurückbringen, auch nach mehrfacher Ermahnung der Bibliothekare. Studierende kommen teilweise nicht an die nötige Fachliteratur für ihre Hausarbeiten und haben keine Möglichkeit, die Bücher sicher einzufordern. Dieses Problem würde es mit der elektronischen Verbuchung nicht mehr geben.

So weit, so gut. Die Vision der philologischen Bibliothek klingt fast zu schön um wahr zu sein – und genau da ist der Knackpunkt. Sie ist eben noch nicht wahr. Und seit das Bürgerbegehren das Signa-Projekt im Viktoriakarree gestoppt hat, stagniert die Planung. Die Sanierung muss bald kommen und die Bibliotheken dürfen nicht bleiben. Es müssen Alternativen gefunden werden. Die Bibliothek soll in nächster Nähe des Hauptgebäudes stehen, doch wo gibt es noch Platz? Kanzler Lutz brachte im Generalanzeiger das Zurich-Gebäude an der Poppelsdorfer Allee ins Gespräch sowie das Juridicum gegenüber der ULB. Doch wo sollen die Juristen hin? Eine Überlegung ist die ehemalige Kinderklinik, doch liegt da eine Entscheidung noch in weiter Ferne. Selbst wenn sofort ein Gebäude gefunden würde, müsste die Statik eingehend geprüft und vermutlich verbessert werden, es müsste Umbaumaßnahmen geben um eine für den Bibliotheksbetrieb sinnvoll strukturierte Fläche zu schaffen, die Institutsbibliotheken müssten mit der Umsystematisierung beginnen und der Umzug müsste organisiert werden. Eine Fertigstellung der philologischen Bibliothek rückt in weite Ferne, sie wird mit großer Wahrscheinlichkeit bis 2018 nicht beendet werden können.

Was nun? Wird das Hauptgebäude trotzdem saniert? Werden die Institutsbibliotheken in Container gesteckt bis eine Lösung gefunden wird? Oder sollen die Bibliotheken während der Sanierung im Baulärm auf eine Rettung warten? Was wird aus den alten Räumen der Institutsbibliotheken im Hauptgebäude? Wo können die Studierenden ihre Ideen und Gedanken einbringen? All diese Fragen sind jetzt noch offen.

Professor Hoch motiviert

AKUT-GESPRÄCH  Der Entwicklungsbiologe Prof. Dr. Michael Hoch ist der Rektor der Universität Bonn. Im AKUT-Gespräch erklärt er, wie er die Last von Sparmaßnahmen positiv nutzen möchte und wie viel Einfluss er auf das Sprachkursangebot und auf den Anteil an Professorinnen hat.

INTERVIEW ALEXANDER GRANTL & SVEN ZEMANEK

Strahlt mit der Sonne um die Wette: Prof. Dr. Michael Hoch (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

AKUT   Sie sind nun seit Mai Rektor der Universität Bonn. Wie hat sich seitdem Ihr Kontakt zu den Studierenden verändert?

HOCH   Ich habe andere Gruppen von Studierenden kennengelernt. Früher hatte ich schon ein ganz intensives Verhältnis zu unseren Studierenden im Fachbereich molekulare Biomedizin, aber durch meine neue Tätigkeit habe ich viel mehr Termine mit verschiedenen Studierenden. Zum Beispiel habe ich den AStA besucht – zu dem hatte ich früher gar keinen Kontakt. Und ich war bei den Fachschaften – und habe dort auch gehört, mit welchen Fragen man sich dort beschäftigt. Ich denke, dass ich da einen ganz guten Kontakt habe.

AKUT   Sie haben auch viele neue Aufgaben bekommen. Gibt es etwas, das Sie besonders gerne machen? Etwas, das Sie gar nicht gerne machen?

HOCH   Den Kontakt zu den verschiedenen Gruppen zu pflegen, mache ich besonders gerne. Die Studierenden haben Sie schon angesprochen: Es macht mir große Freude, mit ihnen zu sprechen und zu hören, was sie so bewegt. Aber auch der Kontakt zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist mir natürlich besonders wichtig. Auch jetzt, wo wir vor einer neuen Runde der Exzellenzinitiative stehen und dazu viele Gespräche stattfinden. Das macht große Freude. Außerdem habe ich alle Dezernate in der Verwaltung besucht und mich mit den Mitarbeitern dort intensiv ausgetauscht. Wir treffen uns nun regelmäßig mit den Dezernaten, um uns informell auszutauschen. Was mir auch große Freude macht, ist der Außenkontakt. Unter anderem habe ich den neuen Oberbürgermeister Bonns besucht und auch den Landrat des Rhein-Sieg-Kreises. Zudem habe ich mich mit verschiedenen Gruppen aus der Stadtgesellschaft unterhalten, um die Uni auch dort noch präsenter zu machen. Das ist zurzeit sehr wichtig.

AKUT   Was macht nicht so viel Spaß?

HOCH   Ich kann – ganz ehrlich – eigentlich gar nichts identifizieren, was mir keinen Spaß machen würde. Natürlich gibt es auch Problemsituationen, die man bewältigen muss. Daran hat man nicht unbedingt Spaß, aber das sind Sachen, die man im Alltag eben abarbeiten muss. Wenn es um Personen geht, versuche ich etwa herauszufinden, wie ich die Beteiligten so motiviere, dass das Problem irgendwo gelöst werden kann. Und das ist auch gleichzeitig wieder eine positive Herausforderung.

AKUT   Stichwort Herausforderung: Sparen und andere zum Sparen anhalten – erlebt die Universität ihre 200-Jahr-Feier 2018 noch?

HOCH   (lacht) Ich hoffe schon! Sparen ist natürlich eine der unangenehmsten Thematiken. Auf der anderen Seite ist es so, dass wir heute in Zeiten leben, in denen wir uns Gedanken machen sollten, wie wir überhaupt mit Überflusssituationen umgehen. Das ist auch eine Frage an die Gesellschaft. Etwa anhand der Flüchtlingsthematik: Wir sollten uns in einem ganz anderen Kontext Gedanken machen, wie gut es uns geht – besonders im Vergleich zu denen, die ihre Heimat verloren und Gewalt und Tod erlebt haben. Aber zurück zur Universität: Natürlich macht Sparen keinen Spaß. Der entscheidende Punkt ist, wie wir uns mithilfe dieser Sparmaßnahmen neu aufstellen können, ja vielleicht befreien können von Zwängen. Das ist hier die positive Herausforderung: Wie kann ich die Situation so organisieren, dass Forschung und Lehre erhalten bleiben und gleichzeitig eine neue Perspektive daraus resultiert? Das ist eine schwierige Aufgabe, aber es macht Freude, sich auch darüber Gedanken zu machen.

AKUT   Haben Sie ein konkretes Beispiel, wie Sie etwa Institute dabei unterstützen?

HOCH   Das Thema Energie, zum Beispiel. Da haben wir momentan noch viel Glück, weil die Energiekosten nicht besonders hoch sind. Aber sie werden womöglich steigen. Und wir geben schon jetzt viel Geld für Energie aus, also für Heizung, Strom und Kühlung. 17 Millionen Euro im Jahr. Da stellt sich die Frage, ob wir irgendwo sparen können. Hier in der Verwaltung gibt es da schon gute Konzepte, die ich noch ein wenig weitertreiben möchte. Wir überlegen, wie wir die Institute, in denen aus wissenschaftlichen Gründen viel Energie verbraucht wird, dazu bekommen, kreativ über das Energiesparen nachzudenken.

AKUT   »Kreativ nachdenken« klingt noch sehr vage…

HOCH   Ich kann das mal konkretisieren: Wenn ein Institut eine Idee hat, wie es Energie sparen kann, sollte ein Teil genau dieser Einsparung wieder an das Institut zurückkommen. Sodass man letztlich ein positives Anreizmodell hätte, das Institute zum Sparen anhalten könnte. Man müsste natürlich überlegen, wie viel der Einsparungen wieder an das Institut zurückgingen, aber man hätte dann vielleicht eine Triebkraft, nochmal ganz anders über das Thema Energiesparen nachzudenken.

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

AKUT   Etwas anderes: Im Januar wird ein neues Studierendenparlament gewählt, es gibt auch zwei Urabstimmungen. Wie genau verfolgen Sie solche Entwicklungen?

HOCH   Ich verfolge die Entwicklungen, indem ich immer mal wieder über anstehende Termine und ähnliches informiert werde. Ich selber habe mir zwar vorgenommen, zu einer Sitzung des Studierendenparlaments zu kommen, habe es aber bisher noch nicht geschafft. Das nehme ich mir aber für 2016 vor. Bisher habe ich mich, wie gesagt, schon mehrmals mit dem AStA und den Fachschaften getroffen, aber bis zum Studierendenparlament habe ich es noch nicht geschafft.

AKUT   Im Senat hingegen waren Sie schon. Der hat neulich eine neue Grundordnung beschlossen – finden Sie die Gruppenparität im Senat nun gut umgesetzt?

HOCH   Das ist eine Sache, die nun demokratisch entschieden wurde und ich möchte mich dazu eigentlich gar nicht äußern. Das Verfahren hat auch dazu geführt, dass die Gruppen sehr miteinander gerungen haben. Und dann war es an einen Punkt gekommen, an welchem es eine klare Abstimmung gab. Und die nehme ich nicht nur zur Kenntnis, sondern glaube, dass man hier einen guten Weg für die Zukunft gefunden hat.

AKUT   Wünschen Sie sich, das auf andere Gremien – etwa Fakultätsräte – auszuweiten?

HOCH   Ich wünsche mir, dass die verschiedenen Gruppen auch weiter an der Fortentwicklung der Universität beteiligt sind. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für mich. Auch wichtig ist, dass man ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Die Gruppen müssen das Gefühl haben, dass sie einbringen können, was ihnen am Herzen liegt. Dass man dabei manchmal nicht seine Maximalposition erreichen kann, muss man akzeptieren. Bisher ist es immer gelungen, im Widerstreit der Ideen und Standpunkte doch Kompromisslösungen zu erzielen, die für alle Seiten positiv waren. Ich bin zuversichtlich, dass man diese Paritätsthematiken unproblematisch wird lösen können. Das ist mein Grundvertrauen, auch in die Kolleginnen und Kollegen, die Studierenden und die Mitarbeiter der Gremien.

AKUT   Seit kurzem wissen Sie, dass Sie die philologischen Bibliotheken nicht im Viktoriakarree unterbringen können. Was für Alternativen haben Sie nun?

HOCH   Nachdem dieser Prozess 2007 initiiert wurde, haben wir nun eine klare Entscheidung. Wir als Rektorat brauchen eine Lösung bis Mitte 2018, weil uns hier Statik und Brandschutz herausfordern. Nun möchten wir zunächst mit den Nutzern sprechen: Wie ist der Bedarf? Muss justiert oder moduliert werden? Es ist ja nun einiges an Zeit vergangen. Und wir müssen mit der ULB sprechen, weil diese auch beteiligt ist. Dazu werden wir gleich 2016 diese Gruppen zusammenrufen, um den Bedarf zu klären und die räumlichen Möglichkeiten zu beurteilen. Erst dann können wir entscheiden, ob es vielleicht einen Umzug oder einen Neubau braucht.

AKUT   Kommen wir noch zu den Professorinnen: Schon in Ihrer Antrittsrede hatten Sie angekündigt, dass Sie den Professorinnen-Anteil »signifikant erhöhen« wollten. Der liegt in Bonn unter dem ohnehin niedrigen NRW-Durchschnitt. Wie tun Sie das? Was haben Sie schon getan?

HOCH   Da haben wir in den letzten Jahren doch einiges erreicht. Die Anzahl der Professorinnen ist schon deutlich gestiegen. Das ist ganz wesentlich der Aktivität des Gleichstellungsbüros und der Gleichstellungsbeauftragten geschuldet. Als Rektor bin ich auch Vorsitzender der Gleichstellungskommission. Hier versuchen wir zu überlegen, wie wir in Berufungssituationen den Professorinnen-Anteil erhöhen können. Schlussendlich hängt das aber wesentlich von den Fakultäten ab, die unterschiedlich erfolgreich beim Erreichen dieser Ziele sind. Wir im Rektorat versuchen, aktiv Einfluss auf die Fakultäten auszuüben, sodass sie in den Berufungskommissionen dieses Thema im Auge haben.

AKUT   Wünschen Sie sich, hier mehr Einfluss haben zu können?

HOCH   Hier geht es letztlich darum, ein Vertrauensverhältnis zwischen Rektorat und Dekanen zu erzeugen. Das entwickelt sich in den letzten Monaten sehr positiv. Wir arbeiten sehr gut zusammen und ich bin optimistisch, dass wir über den guten Kontakt zu Dekanen und Fakultäten das Ziel, den Professorinnen-Anteil zu erhöhen, in den nächsten Jahren erreichen werden.

AKUT   Mitglieder des AStA werfen Ihnen vor, Sie würden die Universität zu »ökonomisch« sehen. Im AStA-Heftchen »Friedrichs Wilhelm« wurde Ihre Rede zur Eröffnung des akademischen Jahres kritisiert. Etwa, dass Sie vom Wettbewerb der Universitäten gesprochen hätten. Was entgegnen Sie dieser Kritik?

HOCH   Ich bin natürlich für Meinungsfreiheit und halte es für absolut legitim, dass jemand eine andere Meinung dazu hat. Allerdings sehe ich die Situation anders. Ich glaube, dass wir als Universitäten natürlich im Wettbewerb stehen – nicht nur um finanzielle Ressourcen, sondern auch um Köpfe und Talente – also Studierende und Wissenschaftler. Wir stehen also in einer Wettbewerbssituation und müssen überlegen, wie wir Schwerpunkte setzen, um erfolgreich zu sein.

AKUT   Wie gut steht Bonn in diesem Wettbewerb der Universitäten und Hochschulen denn da?

HOCH   Wir stehen sehr gut da. Das sehen wir an einigen Kennzahlen, etwa, dass wir seit Jahren auf Platz 1 sind, was die Förderung der Naturwissenschaften durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG betrifft. Auch bei internationalen Uni-Rankings sind wir sehr gut, in den letzten Jahren häufig unter den ersten 100, mit nur wenigen anderen deutschen Universitäten. Diese Zahlen sind deswegen wichtig, weil Wissenschaftler und Studierende oft anhand dieser Kennzahlen entscheiden, ob sie an die Uni Bonn kommen oder an eine andere Universität gehen. Sie sind sicher auch stolz, einer sehr guten Universität anzugehören. Und das zieht sich weiter in Ihr Leben, später im Beruf und alles, was nach dem Studium kommt. Und es ist doch einfach spannend, wenn man talentierte, kreative Professoren hat und davon lange profitieren kann.

Es ist also ganz wichtig, dass wir im Wettbewerb gut positioniert sind. Doch es ist auch noch Luft nach oben, etwa, weil wir keine Exzellenzuniversität sind, wie Köln und Aachen. Wir haben hervorragende Voraussetzungen, auch diesen Schritt noch zu schaffen. Wir bereiten uns darauf vor.

AKUT   Wir haben mal einige Studierende gefragt, welche Fragen sie Ihnen stellen würden. Da kam beispielsweise »Warum schaffen Sie nicht mehr Sprachkurse?« Wie viel Einfluss haben Sie eigentlich auf so etwas?

HOCH   Im Alltag nicht besonders viel. Aber wenn ich das zum Thema, zur Aufgabe mache, können wir im Rektorat natürlich schon einiges bewegen. Die Frage, warum es nicht mehr Sprachkurse gibt, ist letztendlich eine Ressourcenfrage. Wir müssen mit unseren Ressourcen ökonomisch umgehen – auch in diesem Bereich. Hier gehen wir schon ans Maximum. Wenn wir dort mehr Sprachkurse schaffen, müssen wir woanders etwas wegnehmen.

AKUT   Haben Sie den Eindruck, die Studierenden wissen, was Sie als Rektor tun oder tun können?

HOCH   Ich denke, dass viele Studierende das nicht wissen. Aber das halte ich für ganz normal – jeder ist zunächst in seiner eigenen Welt gefangen. Ich kam aus der Welt des Wissenschaftlers im Institut. Nun bin ich hier im Rektorat und habe viele neue Dinge kennengelernt. Wir haben am Anfang ja darüber gesprochen: Kontakt zu allen möglichen Gruppen, Fragestellungen allgemeiner Natur – oft muss man sich da erstmal ein Bild machen. So ist es bei den Studierenden auch, die natürlich primär in ihrer Welt leben. Das ist auch richtig so, denn auch dort muss man sich konzentrieren. Das ist ganz normal, denke ich. 

Liebe Mensa, …

BETRIFFT: MENSA-ESSEN  Dass man in der Mensa Nassestraße keine Entenbrust an Petersilienwurzelpüree und Vanillekarotten serviert bekommt, ist klar. Ein paar Ansprüche sollte das Mensa-Menü aber erfüllen.

VON SOPHIE LEINS

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Liebe Mensa, ich will eigentlich nicht gerne über Dich meckern. Seit ich vor gut drei Jahren mit Begeisterung feststellte, dass man als vegetarischer Gast bei Dir für 1,10 € satt und zufrieden werden kann, besuche ich Dich gerne. Ich habe mir sogar mittlerweile eine Mensa-Card besorgt und esse mindestens zweimal die Woche Deine sogenannte vegetarische Hauptkomponente, auch mal einen Salat und ab und an auch das Premium-Gericht auf der veganen dritten Etage.

Drei Jahre hast Du mir zwar nicht jedes Mal eine Geschmacksexplosion serviert, aber oft genug fand ich auf meinem Teller etwas, das ich gerne aß und bei dem vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte. Dafür hatte ich Dich gern.

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Meine liebe Mensa, versteh mich nicht falsch. Du bist mein zweites Esszimmer. Wie für viele Studierende bist Du für mich nicht nur eine günstige Kantine, sondern auch ein Treffpunkt und – trotz Lärm und Hektik – der Ort der Entspannung zwischen zwei Vorlesungen an einem langen Uni-Tag. Ich schätze Deine Angestellten, die ich mittlerweile fast alle wiedererkenne und die ich trotz des Massenbetriebes außerordentlich freundlich finde.

Aber ich muss Dir etwas sagen: Seit einiger Zeit ist etwas anders in unserer Beziehung. Seit diesem Semester bin ich oft unzufrieden. Den Grund zeigen diese Fotos.

Leider haben zur gleichen Zeit zwei diametrale Entwicklungen bei Deinem Angebot stattgefunden, die Dein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis gleich in doppelter Hinsicht aufgelöst haben. Erstens stieg der Preis für das vegetarische Essen von vorher 90 Cent bis 1,10 € auf 1,45 € bis 1,65 €. Und zweitens nahmen Portionsgröße und – wie ich finde – auch die Qualität ab.

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Auch wenn die vegetarische Hauptkomponente – wie der Name verrät – an sich nur der Teil einer Mahlzeit sein soll: Bisher warst Du gütig und sie reichte aus, einen Menschen wie mich satt zu machen. Wenn man Lust hatte, konnte man sich dann sogar noch einen Nachtisch oder einen kleinen Salat dazu gönnen. Seit das vegetarische Essen 1,45 € kostet, wird es meistens ohne Beilage serviert. Man muss sie sich jetzt noch dazu kaufen, um überhaupt ohne knurrenden Magen ins Seminar zurückkehren zu können.

Außerdem häuft sich das Angebot von diversen Nudelsorten mit Tomatensoße. Liebe Mensa, ich liebe Nudeln, aber mal ehrlich: Wenn es eines gibt, was wir Studierende uns wirklich oft genug selbst kochen, dann sind das Nudeln mit Soße.

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Geschätzte Mensa, ich will Dir keine böse Absicht unterstellen. Sicher hast Du nicht vor, uns alle in die teure dritte Etage zu drängen, stimmt’s? Denn Du warst ja auch mal jung und brauchtest das Geld. Also bleib weiterhin ein guter Gastgeber, bei dem auch die mit kleineren Geldbeuteln zufrieden und mit vollem Bauch zum Lernen zurückkehren können. Dann kannst Du Dich weiterhin an uns erfreuen – und wir uns an Dir!

Beschlossene Sache

RUBRIK SP-BESCHLÜSSE  Das 37. Studierendenparlament hat erneut viele Dinge beschlossen. Wie immer finden wir unter den Beschlüssen alte Bekannte und einige Neuerungen – ausgewählte Beschlüsse stellen wir hier vor.

VON SVEN ZEMANEK & ALEXANDER GRANTL

beschlossene

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

25.09.2015
Zusatzvereinbarung zum Kooperationsvertrag »Flexible Kinderbetreuung«
La Familiär e.V. übernimmt die bislang vom AStA bzw. der Stelle »Studieren mit Kind« wahrgenommenen Aufgaben und bekommt die dadurch anfallenden Kosten erstattet. Der AStA führt aber weiterhin studentische Erstberatung und Erstinformation über das Projekt durch.

Die bisherigen Mitarbeiterinnen der Stelle »Studieren mit Kind« haben aufgehört, daher konnte der AStA die Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.

25.09.2015
Unicard-Flyer
Das Studierendenparlament fordert seinen UniCard-Ausschuss auf, dessen Infoflyer zur Unicard zügig zu überarbeiten und die Verteilung der alten Version dann einzustellen. Kritisiert wurden fehlende Verantwortlichkeit im Sinne des Presserechts, fehlendes SP-Logo, unpräzise Angaben zu den Einführungs- und Betriebskosten sowie die Verletzung der Markenrechte der Uni durch Verwendung des Unilogos.

Zuvor hatte der AStA-Finanzreferent verlangt, die Verteilung des Flyers einzustellen. Er hielt diesen für teilweise missverständlich. Seine Anordnung hob das SP mit dem Beschluss dieses Antrags der Juso-HSG wieder auf. Auf dem neuen Flyer sind die Mängel offenbar behoben.

25.09.2015
Einladung an den fzs und Behandlung von Fragen
Der Vorstand des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) wird auf eine Sitzung des Studierendenparlaments eingeladen, damit interessierte Studierende dort ihre Fragen loswerden können. 12 solcher Fragen schickt der Antrag praktischerweise gleich mit.

Dies war ein Antrag der Fraktionen der Juso-HSG, des RCDS und der LHG. Auf der folgenden Berichtssitzung berichtete dann ein Vertreter des fzs-Vorstands. Die Aufmerksamkeit der Parlamentsmitglieder war gering und nahm während der Ausführungen sogar noch ab.

25.09.2015
Flüchtlingssituation
Das Studierendenparlament fordert AStA und Universität auf, darauf hinzuarbeiten, dass Flüchtlinge mit Hochschulzugangsberechtigung ein Studium an der Uni Bonn erfolgreich beginnen und beenden können. Explizit genannt wird die Einrichtung von Sprachkursen für Flüchtlinge.

Wer das finanzieren soll, stellt der Antrag des RCDS auch heraus: Das Land Nordrhein-Westfalen.

19.11.2015
Bestätigung der Liste der Fachschaften der RFWU Bonn mit zugeordneten Studiengängen
Eine neue Liste der Fachschaften wird vom Studierendenparlament bestätigt. Die Fachschaft Lehramt tritt ein paar Fach-Abschluss-Kombinationen an die Fachschaft »Griechische und Lateinische Philologie« ab.

Die Liste der Fachschaften ist ein Anhang der Geschäftsordnung der Fachschaftenkonferenz und regelt anhand der Kombination von Hauptfach und Abschluss, welcher Fachschaft Studierende zugeordnet sind. Eine neue Fassung muss vom SP bestätigt werden, bevor sie in Kraft tritt.

19.11.2015
Zuweisung der Gelder des Kulturplenums
Auf dem Kulturplenum konnten die studentischen Gruppen um die zur Verfügung stehenden 15.000 € schachern, die dabei entstandene Aufteilung wurde nun vom Studierendenparlament abgesegnet.

Die Kulturgruppe »Islamische Hochschulvereinigung« musste auf der übernächsten Sitzung noch einmal anwesend sein, da es Bedenken gegen die Zuweisung von Geldern an sie gab.

24.11.2015
Ordnung zur Vergabe von Aufwandsentschädigungen in Ausschüssen
SP-Ausschüsse können eine Aufwandsentschädigung erhalten, wenn ein entsprechender Haushaltstitel existiert und sie noch etwas anderes tun als Sitzungen abzuhalten.

Diese Ordnung ist noch eine Relikt der Diskussion um Aufwandsentschädigungen für Ausschüsse aus dem Frühjahr.

07.12.2015
Zuweisung der Gelder des Kulturplenums II
Die Kulturgruppe »Islamische Hochschulvereinigung« erhält aus dem Haushaltstitel für das Kulturplenum 70 € für Fahrtkosten und 40 € für die Herstellung von Flyern.

Bis dies beschlossen wurde, musste die Kulturgruppe eineinhalb Stunden die Fragen des SP beantworten – was sie teilweise nicht wollte.

14.12.2015
Rechtsgutachten TuBF
Der Untersuchungsausschuss formuliert Nachfragen zum Gutachten von Rechtsanwalt Prof. Dieckmann vom 26.11.2015 zur TuBF, die die Unklarheiten zum Sachverhalt, die dem Untersuchungsausschuss geblieben sind, aufklären.

Der ursprüngliche Antrag des Untersuchungsausschussvorsitzenden Matthias Rübo wollte ein eigenes Rechtsgutachten in Auftrag geben. Gegen die nun beschlossene Fassung, die durch einen Änderungsantrag der Juso-HSG-Fraktion entstanden war, wehrten sich die anwesenden Ausschussmitglieder der Opposition heftig.

14.12.2015
Finanzanträge Sportreferat: Rudern, Judo, Flutlicht
Die Sportart Rudern erhält 19.202,98 € für die Anschaffung eines großen und eines kleinen Bootes, die Sportart Judo 7915,88 € für die Anschaffung neuer Judomatten samt Mattenwagen, und auf dem Venusberg errichtet der Hochschulsport eine Soccerbox, die Studierendenschaft steuert 5644,41 € für eine zugehörige Flutlichtanlage bei.

Eine Soccerbox ist übrigens ein Fußball-Kleinspielfeld mit Kunstrasen. So viel Spaß für so viel Geld.

Mit Lumpi im Wahllokal

KOMMENTAR von Florian Eßer

WELT

Unheilsschwanger: Die Welt (Illustration: Florian Eßer / AKUT)

Ich treffe Lumpi, den trinkenden Hund, am Tresen einer renovierungsbedürftigen Kneipe, um mit ihm über Hochschulpolitik zu sprechen. Die Kneipe heißt »Wahllokal« und ist eine heruntergekommene Spelunke, in die sich nur selten jemand verirrt. Auch Lumpi kommt nur her, wenn sonst keine bessere Alternative zu finden ist. Ich setze mich auf den Barhocker neben ihn und winke den Wirt herüber: »Zwei Kölsch und zwei Schnäpse. Lumpi, Korn oder Wodka?« – »Schwierige Frage. Weißt du, zwischen Schnäpsen und Parteien wählen zu müssen ist im Grunde dasselbe«, antwortet Lumpi, »denn egal wie man sich entscheidet; das Ergebnis ist am Ende zum Kotzen«.

Ich belasse es beim Kölsch. »Der Unterschied ist nur, dass man beim Schnaps weiß, was man sich bestellt. Da steht auf dem Etikett genau das drauf, was auch drin ist. Da wundert man sich nicht, wenn es einem am nächsten Tag hundsmiserabel geht. Wodka lügt nicht. Parteien aber sind wie Hundefutterdosen. Das Bild vorne ist appetitlich und wirbt mit dem »besten von Rind & Huhn« – der Inhalt aber ist zum Ekeln«. Ich bestelle doch noch zwei Wodka. Lumpi legt seine Zigaretten auf die Theke und fischt sich eine aus der Packung. »Oder hier«, sagt er und deutet mit der Kippe auf den Warnhinweis. »Da steht auch alles drauf. ›Rauchen führt zu Impotenz‘. Wenn Politiker bloß auch mal so ehrlich wären.« – »Die führen aber auch nicht zu Impotenz«, versuche ich zu intervenieren, aber Lumpi kläfft dazwischen: »Da ist das Problem auch eher die Inkompetenz. Wenn mir schon irgendjemand »Sitz« und »Platz« befehlen muss, dann kann man doch wenigstens erwarten, dass die Leute wissen, was sie da tun. Stattdessen locken sie einen bloß mit kleinen Geschenken, hier ein Knöchelchen, da ein Küchlein und wenn man dann dick und vollgestopft ist, lassen sie die Falle zuschnappen. Aber nicht mir mir!« – »Du hast heute an vier Ständen von Parteien Kaffee getrunken und Kekse gegessen und allen versprochen, deine Stimme für sie abzugeben…« – »Man soll die Hand nicht beißen, die einen füttert, aber wählen muss ich die Hand deswegen noch lange nicht!« – »Scheiße, dass kannste doch nicht bringen. Das ist ja wie Zeche prellen!« – »Ich sehe dein Problem nicht. Feuer?«

Ich krame in meiner Hosentasche und ein Keks purzelt aus der Jeans. Lumpi hebt ihn auf und stopft ihn sich in den Mund. »Lecker, mit Mandeln. Hast du noch einen?« – »Ne. Hab’ ich alle schon beim Kaffee gegessen« – »Beim Kaffee von der XYZ-Partei?« – »Jo, das ist der bes…« Lumpi wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu.

Wir schweigen eine Weile, dann bestelle ich noch einmal zwei Kölsch und zwei Wodka: »Geht auf mich!« – »Du wärst ein guter Politiker geworden«, sagt Lumpi und wir stürzen die Gläser hinunter. »Wenn niemand wählen geht, dann ist das am Ende doch auch alles für die Katz«, lalle ich und auch Lumpi scheint sich bierselig mit dem Gedanken anzufreunden. »Aber wen soll man bitte wählen?« – »Na, im Zweifel die mit dem besten Kaffee.« – »Aber nur wenn die noch Mandelkekse haben!« – »Sowieso«, sagt Lumpi, »meine Stimme gibt’s ja schließlich nicht umsonst.«

»Lass uns zahlen, dann gucken wir nach den Keksen.« Ich durchsuche mein Portmonee nach Geld: »Kannst du mir was leihen?«, frage ich Lumpi, aber der schüttelt den Kopf: »Ne, aber ich kann bis drei zählen«. Das tut er und bei »Zwei« beginne ich zu laufen.

Alles auf eine Karte?

UNICARD-ABSTIMMUNG  Kopieren, in der Mensa essen, die ULB nutzen – für alles braucht man eine eigene Karte. Die UniCard könnte das ändern. Doch das Konzept der Karte, die diverse Ausweise und Kartenfunktionen in sich vereint, ist nicht neu.

VON LINNÉA NÖTH

unicard

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Vor allem der RCDS und die Juso-HSG setzen sich seit geraumer Zeit für die Einführung einer multifunktionellen Karte ein, die Studierendenausweis, VRS- und NRW-Ticket, Bibliotheksausweis sowie Mensa- und Kopierkarte vereinen soll. Der UniCard-Ausschuss des Studierendenparlaments, der ein Konzept für die Karte erarbeiten soll, steckt voll Tatendrang. Teilweise: Jonas Janoschka von der Grünen Hochschulgruppe, die der UniCard grundsätzlich kritisch gegenübersteht, erklärt, dass es sich bei der »UniCard« »bisher lediglich um eine Idee« handle. Denn selbst wenn sich die Studierendenschaft bei der Urabstimmung im Januar für die Karte aussprechen sollte, ist das Votum der Studierenden für die Universität rechtlich nicht bindend. Falls sich die Universität nicht kooperationsbereit zeigen sollte, würden der Verwirklichung des »UniCard«-Konzepts erhebliche Steine in den Weg gelegt. Schließlich dürfte eine Multifunktionskarte ohne Studierendenausweis – den nur die Universität ausstellen kann – wenig Sinn ergeben.

Neben der Universität müssen auch noch andere Institutionen des universitären Apparats sowie das Studierendenwerk in die Überlegungen mit einbezogen werden. Während die Leitung der Universitäts- und Landesbibliothek das Konzept derzeit ablehnt, steht das Studierendenwerk der Idee der Einführung einer »UniCard« grundsätzlich positiv gegenüber. Darüber hinaus müssten auch Vereinbarungen hinsichtlich des Semestertickets und der Kopierkarten getroffen werden.

Gemäß des Konzepts soll die »UniCard« ein Lichtbild des Inhabers oder der Inhaberin enthalten – etwa, um die Identifizierung vor Prüfungen oder etwa Zugangskontrollen beim Hochschulsport zu erleichtern. Die dazu von den Studierenden einzureichenden Fotos sowie die zugehörigen persönlichen Daten sollen laut Angaben des »UniCard«-Ausschusses ausschließlich für die Erstellung und Verwaltung der zugehörigen »UniCard« verwendet werden. Zudem soll der in der »UniCard« enthaltene Chip voneinander unabhängige Speicherbereiche enthalten, um die persönlichen Daten zu schützen. Und wer die elektronischen Komponenten der »UniCard« nicht nutzen möchte, soll eine Karte ohne Chipkarte erhalten. Zweifelhaft ist, ob diejenigen Personen ihre alten Karten zum Kopieren weiterhin nutzen können – bisher heißt es, dass diese Funktion erhalten bleiben soll.

Gegner der »UniCard« befürchten dennoch Sicherheitslücken: Die aktuell eingesetzten Sicherheitschips in Mensa- und Kopierkarten seien nicht mehr sicher genug und müssten durch neuere ausgetauscht werden. Unwahrscheinlich, aber möglich sei zudem die Speicherung von Nutzungsmustern, die bspw. Rückschlüsse auf die Aufenthaltszeit in der Bibliothek zuließen. Würde man zukünftig die UniCard zum »Einchecken« bei Lehrveranstaltungen nutzen, könnten auch Anwesenheits- oder Verspätungsstatistiken erstellt werden.

Wie viel die Einführung und der Betrieb der UniCard kosten würde, ist bisher noch nicht bekannt. Die Universität will die Kosten erst ermitteln, wenn die offizielle Zustimmung der Studierenden nach der Urabstimmung vorliegt.

Der UniCard-Ausschuss betont, die Studierenden sollten höchstens an den Kosten zur Einführung, nicht an den laufenden Kosten beteiligt werden. Die Einführungskosten würden sich aus den Personalkosten in der Planungszeit sowie aus den Kosten durch die technische Umstrukturierung der Ausweissysteme zusammensetzen. Der Ausschuss betont hierbei, dass die Einführung der »UniCard« die Verwaltungskosten, die aktuell beim Ausstellen der Ausweise anfallen, verringern könne. Es ist jedoch fraglich, ob die Erstellung einer Plastikkarte günstiger ist als der Druck eines Studierendenausweises, da sich dieser ohnehin auf dem Papierbogen befindet, den die Universität jedes Semester  an die Studierenden verschickt. Die Beteiligung an der Urabstimmung im Januar wäre ein Weg, dem möglichen Entstehungsprozess der »UniCard« eine Richtung zu geben. Bleibt zu hoffen, dass genug Studierende diese Möglichkeit wahrnehmen und wählen gehen.

Offenlegung: Die Autorin kandidiert für die Grüne Hochschulgruppe.

— Hinweis: Die Offenlegung wurde nach dem Hinweis eines Lesers nachträglich ergänzt.

Sozialistischer Kindergarten

JUSO-STREIT  Das Studierendenparlament beruft den AStA-Finanzreferenten ab, obwohl er eigentlich eine Mehrheit hinter sich haben sollte. Offenbar sind ihm Mitglieder der eigenen Hochschulgruppe in den Rücken gefallen – kurz vor der SP-Wahl ein ungünstiges Zeichen.

VON ALEXANDER GRANTL

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Ex-Finanzreferent Alois »Ich bin enttäuscht« (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Anne Will hat es mal gesagt, Maybrit Illner auch: Klartext reden Politiker oft erst dann, wenn die Kameras nicht mehr laufen und die Ansteckmikrofone nicht mehr angesteckt sind. In diesem Punkt können die Studierenden, die in Bonn Hochschulpolitik machen, gut mithalten. Wie es tatsächlich zur unerwarteten Abberufung von Finanzreferent Alois Saß kam, erfährt man nur abseits offizieller Gespräche.

In der Juso-Hochschulgruppe, der Alois angehört, reagierten viele mit Unverständnis, als der Antrag zur Abberufung plötzlich auf der Tagesordnung stand. Seit Mitte 2013 war Alois Finanzreferent im AStA, »stand jederzeit mit wertvollen Ratschlägen und viel Erfahrung zur Seite«, wie AStA-Vorsitzende Lillian Bäcker (Juso-HSG) sagt, »und ist ein echter Freund geworden. Er ist unersetzlich.« Dass der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), der die Abwahl beantragte, Alois kritisiert, war nicht ungewöhnlich. Dass er ihn abzuberufen versucht, schon. Denn: Die Oppositionslisten RCDS und LHG haben zusammen nicht genug Stimmen, um AStA-Referenten zu stürzen. Warum sollten sie also einen solchen aussichtslosen Antrag stellen?

Als das Studierendenparlament (SP) Mitte November zusammentritt, um über die Abberufung zu beraten, kommt es zu einer bizarren Situation: Zunächst legen Matthias Rübo und Chiara Mazziotta (RCDS) dar, warum sie den Finanzreferenten für nicht länger tragbar halten. Alois habe es der Opposition bewusst erschwert, den AStA und seine Handlungen zu kontrollieren. Matthias, der dem Kassenprüfungsausschuss (KPA) vorsitzt, erklärt es konkreter: »Was das Fass zum Überlaufen gebracht hat«, sagt er, »ist der E-Mail-Verkehr zwischen dem Finanzreferenten und mir.« Dort weigere sich Alois, dem KPA jene Unterlagen zu übergeben, die zur Kassenprüfung nötig seien. Alois widerspricht Matthias’ Darstellung – ein Streitgespräch beginnt. Im Laufe der Debatte einigen sich die beiden dann darauf, dass der E-Mail-Verkehr dem SP vorgelesen werden soll – doch bevor es dazu kommt, beantragt Matthias plötzlich eine sofortige Abstimmung über die Abberufung. Das SP stimmt sofort ab – ohne den E-Mail-Verkehr zu kennen. »In diesem Moment war mir klar, wie das Ergebnis enden wird«, sagt Alois ein paar Tage später. »Als das SP der sofortigen Abstimmung zugestimmt hat, wusste ich, dass das Ergebnis schon im Vorfeld feststand.« Mit 23 Stimmen wird Alois abberufen – die Abstimmung ist geheim. Die Opposition hat zusammen nur 17 Stimmen.

»Ich bin enttäuscht. Nicht von der Opposition – die soll den AStA ja kritisieren – aber von den sechs Mitgliedern der eigenen Koalition, die den Antrag unterstützt haben«, sagt Alois. AStA-Vorsitzende Lillian sei überrascht gewesen: »Ich habe mich sehr gewundert, dass Parlamentarier, die lange nicht so eng und so häufig mit Alois zusammengearbeitet haben wie ich, davon überzeugt waren, dass er seinen Job nicht ordentlich macht.«

Wer in der Koalition aus Juso-HSG, LUST und Piraten-HSG für Alois’ Abberufung gestimmt hat, lässt sich wegen der Geheimheit der Abstimmung nicht ermitteln. Die AStA-Vorsitzende hat eine Befürchtung: »Ich halte es für möglich, dass alle sechs Stimmen von Jusos kommen.« Mehrere Jusos erklären gegenüber der AKUT, dass Michael Fengler, selbst für die Juso-HSG im Parlament, in den eigenen Reihen massiv für die Abberufung geworben hätte. Öfters fallen die Namen fünf weiterer Mitglieder der Juso-HSG, die geplant hätten, die Abberufung zu unterstützten. »Es war eine geheime Abstimmung und ich spekuliere nicht, wie einzelne Personen abgestimmt haben«, entgegnet Michael, wenn man ihn mit den Vorwürfen aus seiner Hochschulgruppe konfrontiert. Dass er bei anderen für die Abberufung geworben hätte, kommentiert er – nicht: »Zu solchen unbestätigten Verdächtigungen will ich mich nicht äußern.« Er sei selbst vom Ergebnis der geheimen Abstimmung überrascht gewesen. »Wenn irgendwer in der Koalition gegen den Koalitionsvertrag verstößt, dann verurteile ich das. Man hätte die Kritik besser vorher kommunizieren sollen«, sagt Michael. Der Kritik des RCDS stimmt er aber in Teilen zu: »Ohne nachtreten zu wollen: Alois hat viele der Routinearbeiten gut gemacht – andere Punkte seiner Arbeit halte ich aber für kritikwürdig – besonders sein Umgang mit dem Kassenprüfungsausschuss, dem ich auch angehöre.«

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Michael (Juso-HSG) – seine Gruppe macht ihm Vorwürfe (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Der E-Mail-Verlauf zwischen dem KPA und Alois, auf den der RCDS in der SP-Sitzung verwies, liegt der AKUT vor. Darin bittet Matthias Rübo als Vorsitzender des KPA darum, dass Alois »die notwendigen Unterlagen« zur Kassenprüfung zur Verfügung stellt. Alois erklärt daraufhin, dass der KPA beschließen müsse, welche Unterlagen er genau zur Verfügung stellen soll. Würde er selbst bestimmen, welche »notwendig« seien und welche nicht, bestimme er unerlaubt den Umfang der Prüfung. Dem widerspricht Matthias gegenüber der AKUT: »Mit einer vergleichbaren Aufforderung wurden bei der vorherigen Kassenprüfung von Alois alle benötigten Unterlagen zur Verfügung gestellt.« Der Umgangston in den E-Mails ist auf beiden Seiten jederzeit höflich und sachlich.

Der KPA beschließt letztlich, welche Unterlagen er prüfen möchte – schon ein paar Tage vor Alois Abberufung. »Matthias und ich haben kein besonders herzliches Verhältnis zueinander – dafür gibt es mehrere Gründe, vieles liegt schon länger zurück«, so Alois. Matthias kommentiert die Beziehung knapp: »Angespannt.« Beide sind auch als Vertreter der Studierenden Mitglieder im Senat, schon früher haben sie im SP Wortgefechte geführt. Aber auch Kritik innerhalb der Koalition und der Juso-HSG ist für Alois nichts Neues. Während für einige Jusos eine Koalition mit dem RCDS durchaus denkbar ist, lehnt Alois sie grundsätzlich ab.

Doch nicht nur politisch, auch persönlich gibt es Differenzen: »Als der Abwahl-Antrag auf der Tagesordnung auftauchte, haben wir ihn in der Hochschulgruppe besprochen«, erzählt Alois, »da wurde nicht nur Kritik an meinem Verhalten, sondern auch an meiner Person geäußert. Ich bin sicher keine einfache Person und streitbar.« Er sei Jurist und das präge auch seine Art und Weise zu schreiben und zu sprechen. Im AStA wisse man, dass seine Auftritte manch einen befremden, erklärt Lillian: »Er hat halt Ahnung – und das lässt er Menschen spüren, die er nicht mag. Doch aus diesem Grund hat er niemandem die Zusammenarbeit verweigert – höchstens auf Spitzfindigkeiten hingewiesen.« Sein Verhalten sei nie behindernd, sondern immer konstruktiv. Und manchmal anstrengend.

Anstrengend ist es auch für Simon Merkt: Der Vorsitzende der Juso-HSG bemüht sich darum, ein geschlossenes Bild seiner Gruppe zu zeichnen. Immerhin haben die Jusos kurz vor der Wahl nicht nur das Amt des Finanzreferenten verloren, sondern gehen auch davon aus, dass sich die Verursacher dafür in den eigenen Reihen befinden. Mehr noch: »Ich denke, diesen Schachzug haben die Drahtzieher zuvor mit dem RCDS abgesprochen«, teilt ein Mitglied der Juso-HSG der AKUT mit. Der RCDS bestreitet das und bezeichnet die Koalition als gescheitert. Nach der Verfassung seiner Gruppe kurz vor der Wahl gefragt, gibt Simon sich optimistisch: »Ich glaube, dass wir uns davon erholt haben, die Ursachen beseitigt haben und uns – wie gehabt – mit einer geschlossenen Gruppe für die Belange der Studierendenschaft einsetzen können.« Die Ursachen habe man beseitigt – was Simon damit meint, lässt er offen. Möglicherweise das: Mitte Dezember lehnt die Mehrheit der Juso-HSG ab, dass Michael Fengler für die Jusos bei der SP-Wahl im Januar kandidiert – ein beispielloser Vorgang. Fragt man Simon warum, erklärt er nur allgemein: »Auf einer regulären Sitzung wählt die Gruppe diejenigen auf unsere Liste, denen sie ihr Vertrauen schenkt.« Das Vertrauen der Juso-HSG hat Michael offenbar nicht mehr. Später erhält der Wahlausschuss eine Bewerbung von »Die Moderaten / Liste für die UniCard«, für welche Michael kandidiert. Aus persönlichen Gründen habe die Liste ihre Bewerbung jedoch wieder zurückgezogen. Wenn im Januar ein neues SP gewählt wird, werde Michael in den hochschulpolitischen Ruhestand treten – unter anderem möchte er sich auf seine erste juristische Staatsprüfung vorbereiten. Alois will seine Ämter als Senator und Mitglied im Verwaltungsrat des Studierendenwerks bis zum regulären Ende wahrnehmen. Auch für das SP kandidiert er wieder.