Mit Dreistigkeit kommt man am weitesten
Beim Kulturplenum könnten die Kulturgruppen über eine gerechte Verteilung der ihnen zustehenden Gelder verhandeln — wenn nicht das Wetter so schön wäre.
Überall liest man von Streichungen im Kultursektor, nur die Universität Bonn scheint ihren Studierenden ein Hort des kulturellen Überflusses zu sein. Das Referat für Kultur und studentische Initiativen des AStA spricht gar von 60 Hochschulgruppen, die den Studierenden mannigfaltige Möglichkeiten bieten, ihrem sozialen und gesellschaftlichen Engagement nachzugehen. Das breitgefächerte und vielschichtige Angebot beginnt bei der lokalen AISEC-Dependance und der Amnesty Hochschulgruppe und geht über musikalische Angebote wie das Collegium Musicum oder den Unisport hin zu den universitären Radiosendern. Die Studierenden scheinen vor der Qual der Wahl zu stehen. Immerhin stehen satte 27.000 Euro an Zuwendungen für studentische Kulturgruppen im Nachtragshaushaltsplan 2012/13 des AStA zur Verfügung. Aber es ist nicht alles Gold was glänzt. Schnell macht sich der Eindruck breit, dass sich die Kulturtreibenden der Uni nicht unbedingt grün sind. Aber alles der Reihe nach.
Das sogenannte Kulturplenum, ein schicker Name für die einmalig im Semester stattfindende Diskussionsrunde unter den Hochschulgruppen anlässlich der Verteilung dieser Gelder, fand für dieses Sommersemester am 6. Mai 2013 in der Mensa Nassestraße statt. Die Hochschulgruppen wurden bereits im Vorfeld der Veranstaltung aufgefordert, Förderungsanträge fristgerecht einzureichen. Im Kulturplenum sollten diese Anträge dann diskutiert werden, um schließlich in einer Abstimmung die Verteilung der Gelder im Sinne der Allgemeinheit zu bestimmen. Sinn der Veranstaltung ist es, den Kulturgruppen die Möglichkeit zu geben, untereinander in Verhandlungen eine faire Verteilung der Gelder zu ermöglichen. Die Alternative, das SP die Summen in Eigenregie von oben festsetzen zu lassen, soll dadurch vermieden werden.
Jenes Kulturplenum für das Sommersemester 2013 Anfang Mai nahm jedoch nicht den ursprünglich angedachten Verlauf. Es herrschte organisatorische Uneinigkeit unter den anwesenden 28 Hochschulgruppen. Angesichts der Tragweite der zu behandelnden gemeinnützigen Sache ging es allem Anschein nach um eine Banalität, nämlich um die Zeit. Das Plenum verlief nicht in Form einer gesonderten — zugegeben langwierigen — Vorstellung der einzelnen Initiativen, sondern endete — besonders für jene Hochschulgruppen, die in der Regel vergleichsweise finanziell geringe Förderungsanträge stellen — mit einem faulen Kompromiss.
Im Plenum einigte man sich im Stil des Gießkannenprinzips auf eine generelle Kürzung sämtlicher Anträge um 37 %. Bürokratisch ist diese auf Gleichheit basierende Verteilungsmethode durchaus legitim, allerdings kalkuliert man dabei fahrlässig mit dem Risiko, kleinere Initiativen fast komplett aus den Fördertöpfen des SP zu verdrängen. Kommilitonen, die dem Kulturplenum beiwohnten, sprachen hinter vorgehaltener Hand sarkastisch davon, dass wohl das sommerliche Wetter jenes Tages einen nicht unerheblichen Anteil an der raschen Findung jenes Konsenses unter den Hochschulgruppen gehabt haben muss.
Im Angesicht der Tatsache, dass die Etathöhe des Kulturplenums über die letzten beiden Semester bei 27.000 Euro taxiert wurde und diese Konstante klar im Kontrast zur allgemeinen Tendenz hin zum Sparen im kulturellen Bereich steht, verwundert es den neutralen Außenstehenden dann doch, in welchem scheinbar geringen Maß die Hochschulgruppen untereinander Solidarität walten lassen. Ihrer grundsätzlichen Verantwortung, dem sie ebenfalls umfassenden Gemeinwohl zu dienen, können sie so freilich nur schwer nachkommen.
Dass schließlich aus jenen Reihen in der jüngeren Vergangenheit Kritik an einer, in den Augen mancher Kulturgruppe unangemessen hohen, Zuwendung des SP an den Unisport geäußert wurde, bekommt unter diesem Blickwinkel nachträglich einen etwas faden Beigeschmack. Was sollen den die ‚kleinen’ Gruppen sagen, deren geringe Förderungsanträge im Kulturplenum noch einmal um 37 % gekürzt wurden? Diese müssen sich doch zwangsläufig Gedanken um den Sinn und Zweck ihres kulturellen Engagements an der Uni machen. Die Hingabe aller Kulturgruppen soll hier gar nicht in Frage gestellt werden allerdings scheinen in Finanzfragen Solidarität und Fingerspitzengefühl zu fehlen. Aus Politik und Wirtschaft sind diese Übel bekannt, im Kulturbereich überraschen sie noch so manchen.