BETRIFFT: BA Alle Studierenden werden früher oder später mit ihr konfrontiert. Dass man dabei eine besondere Beziehung zur eigenen Bachelorarbeit aufbaut, wird einem jedoch erst klar, wenn man sich von ihr verabschieden muss.
VON CHARLOTTE KÜMPEL
Liebe Bachelorarbeit,
ich mache Schluss mit dir. Nach gerade einmal drei Monaten. Wir hatten unsere Zeit, doch jetzt reicht es. Man sagt doch immer: Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Tja, das mit uns war nicht immer schön. Zugegeben, es lag sehr oft an mir. Vielleicht habe ich dich das ein oder andere Mal enttäuscht, dich ab und zu links liegen gelassen, war sogar eventuell auch mal kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Aber sag bloß nicht, du hättest meinen Unmut nicht verdient! »Eine etwas längere Hausarbeit«, so nannten die Dozenten dich. Doch du warst viel mehr als das, hast mir viel mehr abverlangt. Ich habe dich völlig unterschätzt.
Dank dir waren meine sozialen Kontakte in den letzten paar Wochen fast nur auf WhatsApp-Gruppen, MensaDates mit Leidensgenossen und das Personal der Bibliothek beschränkt. Während viele andere ihre vorlesungsfreie Zeit genutzt haben, um ganz Europa zu erkunden, war meine weiteste Reise die geglückte Fernleihe. Dank dir habe ich außerdem etwas zugelegt, denn ich habe mich selten so schlecht ernährt. Schließlich musste jede fertige Seite mit einem Schokoriegel belohnt werden. Oder auch mal mit zwei. Dank dir bin ich obendrein nur ein weiteres Opfer der Bologna-Reform. Im Prinzip bist du gar nicht mal so viel wert, wie du tust, denn gerade in den Geisteswissenschaften macht erst ein Master-Abschluss wirklich etwas her. Du bist doch nur eine von vielen Bachelor-
arbeiten da draußen.
Aber eigentlich darf ich mich nicht beschweren. Immerhin wusste ich, worauf ich mich einlasse.
Das Schlimmste ist aber, dass du gerade einmal zwölf Leistungspunkte wert bist. Zwölf! Du zählst also nur genauso viel wie eine Prüfung in meinem Begleitfach. Wofür also der ganze Aufwand, all die Mühe? Du wirst dich eh nicht sonderlich auf meine Abschlussnote auswirken, und einen Masterplatz habe ich doch auch schon.
Doch, liebe Bachelorarbeit, das mit uns war nicht nur schlecht. Es war eine besondere Form der Hassliebe. Nicht einmal die Hausarbeit, mit der ich nebenbei noch was am Laufen hatte, konnte einen Keil zwischen uns treiben. Irgendwo muss ich dir nämlich auch danken.
Denn dank dir habe ich eine neue Lieblingsserie, mit deren Folgen ich mich jeden Abend nach getaner Arbeit an dir belohnt habe. Naja, manchmal sogar mit zwei Folgen, ohne vorher an dir rumgewerkelt zu haben. Ein Hoch auf die Prokrastination! Dank dir hatte ich in den letzten Wochen außerdem eine verdammt gute Ausrede, wenn ich einfach mal keine Lust hatte, freitagabends rauszugehen. Um ehrlich zu sein, hat es mir sogar ab und zu Spaß gemacht, dich zu schreiben, weil du thematisch eigentlich ganz schön interessant warst.
Jetzt sind wir jedoch am Ende angekommen, du und ich. Ich habe dich nun abgegeben, in dreifacher Ausführung, und in der Hoffnung einfach nur bestanden zu haben. Denn ein zweites Mal möchte ich mir das mit dir nicht antun. Um ehrlich zu sein, bin ich verdammt froh, dass ich dich endlich los bin. Manchmal soll es wohl einfach nicht sein. Dabei lag es nicht an dir, sondern an mir. Ich muss weiterziehen. In nicht allzu langer Zeit wärst du sowieso durch die Masterarbeit ersetzt worden. Deshalb musste es so kommen. Und natürlich wegen der Abgabefrist.
Doch jetzt mal ehrlich: Alles in Allem war es eigentlich gar nicht so schlimm. Diese Erfahrung machen viele. Und alle kommen drüber hinweg! Also auch du und ich, liebe Bachelorarbeit. Mach’s gut! ◄
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