Die letzte Abrechnung

Ein Insider im Interview

Etwa 12 Millionen verwalten, Aufwandsentschädigungen er- und SP-Sitzungen abhalten – der gerade aus der Hochschulpolitik scheidende ehemalige Finanzreferent Malte Lömpcke erklärt, was es ausmacht, sich dort zu engagieren.

Als Finanzreferent hat man mit Millionen zu jonglieren. Ist das nicht etwas zu viel Verantwortung für einen einzelnen, ehrenamtlichen Studenten?

Das mit der Verantwortung wird einem erst im Laufe der Zeit bewusst. Es gibt da ja nicht ’nen Geldspeicher, wie bei Dagobert Duck, und man kann mit dem Geld jonglieren. Es gibt eine klare Verordnung des Landes und danach wird gearbeitet.

Man muss unterscheiden. Es gibt den ordentlichen Haushalt (ca. 1,2 Millionen) und den Verwahrhaushalt (Geld für u.A. Sportreferat, Fachschaften und Semesterticket. ca. 11 Millionen), bei dem es kaum Gestaltungsraum gibt.  Es ist vor allem eine kommunikative Arbeit, man muss mit den einzelnen Stellen, die Gelder bekommen, verhandeln, wer was braucht. Als Finanzreferent stellt man einen Haushaltsplan auf. Der muss vom SP angenommen werden. Es nützt also nichts, da einsame Entscheidungen zu fällen.

Der Finanzreferent darf keine Überweisungen tätigen. Er muss zwar Überweisungen anweisen, ohne ihn geht also kein Geld raus, aber die Überweisungen selbst werden von den Kassenverwaltern des AStA vorgenommen. 100 % missbrauchssicher das Ganze.

Was ist die Idee hinter der Aufwandsentschädigung, die unsere studentischen Vertreter kriegen? Wieviel macht eine einzelne aus und wie viele davon werden pro Monat eingeplant?

Zunächst mal, nicht jeder, der sich engagiert, bekommt eine volle Aufwandsentschädigung. Viele Referate teilen sich Aufwandsentschädigungen untereinander auf. Eine „AE“ beträgt zurzeit 175 Euro im Monat, das ist auch der vom Gesetzgeber vorgegebene Höchstsatz für steuerfreie Aufwandsentschädigungen bisher gewesen, seit dem 01.01.2013 gelten aber höhere Sätze – 200 €. Darüber liegende Zahlungen werden steuerpflichtig. Als Finanzreferent habe ich zwei „AEs“ bekommen. Auf meinen Arbeitsaufwand heruntergerechnet ergab das einen Stundenlohn von 2,50 € bis 3 €. Das ersetzt also keinen Minijob und dient eben nur dazu, einen Teil des Aufwandes zu vergüten, den jemand tatsächlich hat. In der Höhe völlig gerechtfertigt. Höher müssten sie aber auch nicht sein.
Es gibt 61 AE-Stellen, nicht alle mit 175 Euro, einige auch geringer. (Fachschaften und Sportreferat)

Das Geld dafür kommt ja von uns Studierenden. Wie schlüsselt sich der Sozialbeitrag auf?

Auf der AStA-Hompage ist der Sozialbeitrag en détail aufgegliedert. Ich finde es auch wichtig, dass man bei dem Thema Transparenz schafft.
10,50 € des Sozialbeitrages gehen in den ordentlichen AStA-Haushalt. Dazu kommen noch drei Euro für Sport, Fachschaften und Hilfsfonds. Wenn man das mal runterbricht, sind das knapp 2,50 € im Monat. Das halte ich für fair, allein schon, wenn man bedenkt, dass der AStA die Verhandlungen über das Studiticket übernimmt. Wenn man da nicht jedesmal hinfährt, steigen die Preise für das Ticket deutlich schneller. Mit einer Verhandlung hat man quasi die Kosten schon wieder drin.

Im SP gab Lömpcke manchmal den Lehrer Lämpel. Foto: Ronny Bittner

Im SP gab Lömpcke manchmal den Lehrer Lämpel. Foto: Ronny Bittner

Trotzdem geht es dem AStA-Haushalt zurzeit sehr gut, was auf die hohen Studierendenzahlen zurückzuführen ist. Da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass der Beitrag, zumindest bis sich die Studierendenzahlen normalisieren, um einen Euro gesenkt werden kann. Viel mehr ist aber auch nicht drin. Die Entscheidung darüber liegt natürlich nicht bei mir oder dem aktuellen Finanzreferenten, sondern beim Studierendenparlament. Hinzu kommen 77 € für das Studentenwerk und ca. 150 für das Semesterticket.

Kannst du dich noch an dein erstes Mal im SP erinnern?

Die ersten zwei Sitzungen im SP habe ich überhaupt nichts gesagt, weil ich so beeindruckt davon war, wie sehr es um Formalia geht. Tagesordnung, Geschäftsordnung – viele Dinge muss man einfach formell einhalten. Inhaltlich war ich auch überrascht, wie scharf da teilweise geschossen wurde. Es gab auch noch richtige Grabenkämpfe: hier die Burschis, da die Ökos, die Sozis und dort die ganz schlimmen Kommunisten. Das hat sich zum Glück in letzter Zeit stark verbessert. Für Außenstehende ist es aber bestimmt immer noch anstrengend, mitzukriegen, um was es geht. Aber auch einige Mitglieder des SP sorgen nicht gerade für einen positiven Eindruck, wenn sie erst nicht zuhören, wenn ein Antrag besprochen wird und danach rumkrakelen, man habe sie gar nicht ordentlich informiert.
Ich glaube es bestehen immer noch Vorurteile gegenüber dem SP: Die machen ja eh nichts und quatschen nur rum, auf den ersten Blick mag das sogar so wirken, aber wenn man dann sieht, was für sinnvolle Anträge da kommen, die auch immer sehr viele, oder gar alle,  Studierenden betreffen, halte ich diese Vorbehalte für ungerechtfertigt. Da sollte man dann schon dem SP noch eine zweite Chance geben und nochmals hinkommen. Die Tagesordnungspunkte werden übrigens auch durch das Studentenwerk auf den Mensa-Displays dargestellt.

Wie würdest du die Arbeitsauffassung der SP-Mitglieder beschreiben? Sind das Jungpolitiker mit Ambitionen, bei den großen mitzumischen oder eher interessierte Studierende, die sich nur während des Studiums engagieren wollen?

Viele Mitglieder des SP sind auch Mitglied in den jeweils nahestehenden Parteien oder ihren Jugendorganisationen. Ich kann mir auch vorstellen, dass einige von denen sich, nachdem sie sich da jahrelang engagiert haben, auch in Amt und Würden bringen möchten. Das finde ich nicht schlimm, solange man sich in erster Linie um Hochschulpolitik kümmert.
Klar ist aber auch, dass einen so eine Arbeit prägt. Man lernt in den Gremien der studentischen Selbstverwaltung durchaus Dinge, die einem später im Job zugute kommen können. Das muss nicht einmal Politik sein, obwohl ich auch von einigen weiß, dass es sie dorthin zieht.

Ist der erhebliche Alkoholkonsum in einigen Sitzungen angemessen? Ich persönlich hatte bei einigen Sitzungen schon das Gefühl, dass da eine Grenze überschritten war.

Zunächst mal halte ich nichts davon, den Alkoholkonsum einzuschränken. Dann müsste man auch konsequent sein und für die studentische Öffentlichkeit, z.B. die Antragsteller von Kulturgruppen, Alkohol verbieten. Ich bin grundsätzlich kein Freund davon, Sachen zu verbieten. Allerdings kann auch ich mich an einige Sitzungen erinnern, bei denen ein oder zwei Leute auch wirklich einen zu viel getrunken haben. Das ist ärgerlich, wenn man bedenkt, dass es hier  um das Geld der Studierenden oder Beschlüsse von Bedeutung für alle Studierende geht. Und selbst wenn es „nur“ 30,50 € für eine kleinere Kulturgruppe sind – auch die hat das Recht, ernst genommen zu werden.
Da kann das Präsidium aber auch mit Ordnungsrufen reagieren.

Hättest du dir da mehr Engagement vom Präsidium gewünscht?

Das ist ja durchaus passiert. Aber letztlich muss da jedes einzelne SP-Mitglied für sich entscheiden, ob es in der Lage ist, ein Amt auszufüllen. Wenn eine einzelne Person jetzt regelmäßiger einen zu viel getrunken hat, sollte sie sich schon fragen: „Bin ich richtig hier? Möchte ich nicht lieber in eine Kneipe?“ und dann entsprechende Konsequenzen ziehen. Es ist auch respektlos den anderen gegenüber, die vielleicht auch am Mittwochabend etwas anderes zu tun hätten, wenn die da bierselig herumhampeln.

Es gibt das SP und den AStA. Hochschulgruppen (also Ableger von Parteien) haben das Sagen. Ist das noch eine zeitgerechte Form der Repräsentation? Kannst du dir ein besseres System vorstellen?

Nicht jede Hochschulgruppe ist ein Parteiableger. Die meisten sind parteinah, aber nicht parteiabhängig.
Die ASten sind ja von den Alliierten eingeführt worden, damit eine Gleichschaltung der Universitäten wie im dritten Reich nicht mehr möglich sein würde und sich ein Gegengewicht zur Univerwaltung etablieren konnte.
Auch heute hat studentische Vertretung noch ihren Sinn. Würde man sie heute abschaffen, wette ich, dass in einem Jahr das Studiticket 300 €, anstatt jetzt ca. 150 €, kosten würde. Weil dann einfach jemand fehlen würde, der da mit starker Stimme gegen hält.
Und trotz geringer Wahlbeteiligung ist der AStA legitimiert. Die Wahlen erfüllen die Anforderungen des Grundgesetzes, sind frei, geheim und unmittelbar. Bei uns verschwinden auch keine Gelder, das ist einfach eine sauber organisierte Sache.

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