PoetrySlam in der Schauspielhalle
Poetry Slam muss nicht aus den abgedroschenen Alltagsgeschichten von Langweilern bestehen. Es geht auch interessant. Im Theater!
1986 in Chicago – eine neue Mode entsteht: Poetry Slam. Sinn des Ganzen ist es, durch den Vortrag literarischer Texte seine Gegner zu übertrumpfen und gleichsam das Publikum zu überzeugen. 27 Jahre später ist es auch in Bonn soweit: Die beiden Slammer Quichotte und René Deutschmann setzen sich zusammen und entwickeln die Idee eines außergewöhnlichen Dichterwettstreits in Bonn. Geburtshilfe gibt es dabei vom ehemaligen Theaterdramaturgen Ingo Piess. Dieser erkennt das Potential des Wettbewerbs, volle Häuser durch hohe Qualität zu erreichen.
Die Moderatoren Quichotte und René konzipieren den Slam gemeinsam und laden nur ein, wer bei ihnen während der eigenen Slammerkarriere bleibenden Eindruck hinterlassen konnte. Die Motivation dahinter ist klar: „Wir dachten uns, man kann am Rand sitzen und darüber meckern, was die andern alle alles falsch machen, oder es selbst riskieren“, so René.
Die schöne Rheinseite Bonns wurde zuerst beglückt und 230 Zuschauer kamen in Beuel in den Genuss reiner Literaturfreude. „Ich sage immer, im Theater fühlen wir uns wie Kinder, die nachts im Toys R Us vergessen wurden. Wir haben alle Möglichkeiten, unsere Ideen zu verwirklichen.“
Beheimatet im Schauspielhaus Beuel, wagte sich das tollkühne Trio zum Abschluss der letzten Spielzeit in die Oper Bonn – und 500 Zuschauer folgten ihnen begeistert.
Neben einem abwechslungsreichen Aufgebot an Poeten wurde das Publikum von Stimmenimitator Christian Schiffer (1live) und den Bonner Blümchenknickern bei Laune gehalten. Doch bei allem Erfolg versuchen die Jungs stets, das Erlebnis jedes Slams mit allen Menschen zu teilen – so auch mit Gehörlosen. In Zusammenarbeit mit der Aktion Mensch wurden für einen Slam zwei Gebärdendolmetscher engagiert, das Vorgetragene live zu übersetzen. Die Slams so einem noch breiteren Publikum zugänglich zu machen, scheint zur Popularität des Events beizutragen.
Um die Finanzierung müssen sich die drei keine Sorgen machen, obwohl es wie vermutlich bei allen kulturellen Angeboten Sparzwänge gibt. „Finanzierung ist im Vergleich zu den meisten anderen Slams ein Traum, denn wir holen wen wir für gut erachten, egal ob aus der Schweiz, aus Halle, Köln oder Bonn“, freut sich René und verweist darauf, dass sie für Auftritte im Theater ein gewisses Niveau voraussetzen. „Die Show, die wir um die Slammer herum machen, ist eine augenzwinkernde Hommage an das Theater und macht auch einfach Spaß.“
Die Zukunft des Slams ist dennoch ungewiss: Die neue Intendanz beziehungsweise das neue Theater zeigt sich hinsichtlich des Konzepts euphorisch – aber mit Vorbehalt bezüglich der Finanzierung – die Kassen sind leer. Aber die Jungs geben sich gelassen, haben doch „andere Häuser auch schöne Theater.“