Auf eine Zigarette mit Baföggi
„Die Wohnsituation für Studierende ist wirklich schlimm“, erklärt mir Robert, 25, als ich ihn in der Bonner Altstadt treffe. „Wirklich, wirklich schlimm! Ich möchte gar nicht daran denken, was erst los ist, wenn der Doppeljahrgang, den wir dem G8-Gipfel verdanken, an die Uni und nach Bonn strömt!“. Robert guckt besorgt, als er an seiner Filterlosen zieht. „Das gibt das reinste Tohuwabohu!“, ist sich der Mittzwanziger sicher. Wie er mutmaßt, könnten die miserablen Aussichten auf eine Unterkunft und der deutliche Wohnungsmangel daran liegen, dass die Stadt in den vergangen Jahren „weniger Neubauten“ in Auftrag gegeben hat als nötig gewesen wären, um „den ansteigenden Bevölkerungszuwachs in den Griff zu kriegen“. Die Wohnungen, die es zu ergattern gibt, seien hingegen „quasi unbezahlbar“, wie Robert, der von seinen Freunden „uffer Platte“ nur ›Baföggi‹ genannt wird, erläutert. „Die Situation ist wirklich schlimm, da muss doch wer was machen! Erst gestern ging ich zur Bahnhofmission, um dort wie üblich die Nacht zu verbringen, da sehe ich einen anderen Studenten auf meiner angetrauten Stammpritsche liegen, wie er laut in seiner Reclam-Ausgabe von ›Tristan‹ liest…“, da wird der Blick des obdachlosen Germanistik-Studenten noch besorgter: „…und das nicht einmal auf Mittelhochdeutsch!“
Ganz soweit sind wir zum Glück noch nicht. Dieses Szenerio ist reinste Fiktion und eine Dystopie, die in einer Zeit spielt, in der das anwachsende Problem der Wohnungsknappheit noch immer nicht geklärt ist (und Germanisten noch immer Tristan lesen müssen). Realität, und damit schon schlimm genug, ist aber, dass sich die Wohnungssuche für Studierende langsam zu einer reinen Nervensache entwickelt, die aufgrund von Immobilien-Knappheit und horrenden Mietpreisen allzu oft in Verzweiflung und Frustration endet. Bleibt abzuwarten und zu hoffen, dass bald eine akzeptable Lösung gefunden wird. Kreative Ideen gibt es schließlich allerhand: In Aachen zum Beispiel haben sich Stadt und Hochschule auf ein Grundstück geeinigt, auf dem ein Containerdorf entstehen soll, was den Studierenden zumindest eine Unterkunft bieten könnte. Ganz ausgereift ist die Sache jedoch noch nicht und auch der „Wohlfühlfaktor“ bleibt hier auf der Strecke – und da ist die Stadt Bonn ihren Aachener Kollegen schon mindestens einen Schritt voraus. Denn damit sich ihre Studierenden nicht wie bei „BigBrother“ fühlen und im Container leben müssen, haben die Verantwortlichen einen besonders pfiffigen Plan ausgeheckt: Die Stadt will an ihre Studierenden Strickleitern, Bretter und Werkzeugkisten verteilen. Stadt und Hochschule haben sich nun nämlich auf eine handvoll Bäume im Stadtpark Bonn – Bad Godesberg geeinigt, in denen sich die Betroffenen „gemütliche Eigenheime“ errichten können.
Immerhin ein kleiner Hoffnungsschimmer und ein guter Anfang… aber leider auch ein Scherz.
Damit es nicht bei Witzen bleibt und auch die dystopische Geschichte von ›Baföggi‹ nicht real wird, sollten sich aber rasch Lösungsvorschläge finden, die man dann auch so schnell wie möglich in die Tat umsetzen muss, sodass das Wohnungs-Drama ein schnelles Ende findet.
Dass er die Doppeljahrgang-Idee der Damen und Herren des G8-Gipfels aber trotzdem „nicht so gut“ findet, dass musste auch Robert am Ende unseres Gespräches noch einmal bemerken.