1000 Euro extra

Wie man in Bonn an eine Wohnung kommt

Die Wohnungsnot in Bonn ist besonders für Studierende groß, denn die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen und WG- Zimmern ist riesig, das Angebot hingegen hält sich leider in Grenzen. Das musste ich am eigenen Leib erfahren.

„Das ist es! Die Wohnung ist perfekt.“ – es gibt wohl kaum einen Satz, den ich im vergangenen halben Jahr öfter gesagt habe. Wohnungssuche während des Semesters: Ein Traum, aber nur für die Vermieter. Die stehen nämlich den Massen überlegen gegenüber, haben die große Auswahl und können es sich so leisten, den Studierenden tief in die Tasche zu greifen. So gestalteten sich die Wochen, die ich gemeinsam mit meinem Freund auf Wohnungssuche verbrachte, äußerst spannend. 8,48 Euro kostet der Quadratmeter Wohnfläche in Bonn momentan, das ist mehr als das Mittelmaß NRWs und 2,50 Euro teurer als der bundesweite Durchschnitt. Trotzdem müssten sich ein paar passende Quadratmeter doch irgendwo finden lassen?

15-Wohnungsnot

Zugegeben, ich bin ein wirklich kontaktfreudiger, offener Mensch. Bei der ersten Wohnungsbesichtigung im Mai musste ich allerdings feststellen, dass sich das im Kontext relativiert. Denn im Rahmen einer Massenbesichtigung treffe ich nicht allzu gern auf etwa 20 Konkurrenten um eine 40m²-Wohnung. Gelegen in der Bonner Weststadt und mit 590 Euro Warmmiete genau richtig für meinen Freund und mich. Die Wohnung war schön, wenn auch sehr klein und unter dem Dach gelegen. Ich fragte den Vermieter nach meinen Chancen, die Wohnung zu bekommen. Er zog mich etwas zur Seite, fragte nach einer Elternbürgschaft und dem Beruf meines Freundes und sagte mir dann, dass meine Chancen sehr viel höher wären, wenn ich bereit wäre, 1000 Euro unter der Hand zu zahlen. Ich war wirklich geschockt. Dieses Geld konnte und wollte ich nicht bezahlen. Am nächsten Tag bekam ich eine Absage. Jemand anderes konnte und wollte. Ein paar Tage später stand der nächste Besichtigungstermin ins Haus. Dieses Mal ging es um eine 48m² Altbau-Wohnung in der Nähe des Juridicums für 630 Euro warm. Ich war pünktlich da und wartete 15 Minuten, bis ich den Vermieter anrief. Er gab sich überrascht, brauchte einen Moment, um meinen Namen einzuordnen, und sagte mir dann, dass wir den Termin verschieben müssten. Er habe vergessen, mir Bescheid zu sagen. Ich war sauer, schluckte meinen Ärger aber runter. Vier Tage später stand ich wieder dort, wartete dieses Mal zehn Minuten, bis er auftauchte. Die Wohnung war alles andere als wohnlich, sondern eher enorm verwohnt, würde aber auch unrenoviert übergeben werden. Alles in allem nicht optimal, aber die Lage entschädigte für vieles. Nach zehn Minuten Besichtigung fiel mir auf, gar kein Badezimmer gesehen zu haben. Ich fragte nach, der Vermieter nickte und erklärte mir, dass das Bad ausgelagert sei. Es läge eine Etage höher und wir müssten es uns mit den Studierenden aus der oberen Etage teilen, aber wir Studenten hätten ja Zeit und Geduld. Ich lachte, aber mehr aus Verzweiflung. Für jeden Toilettengang aus der Wohnung raus, mein eigenes Klopapier unter dem Arm, die Treppe rauf und hoffen, dass gerade frei ist — nein, danke. Was mich erstaunte, war, dass der Vermieter sich überhaupt keine Mühe machte, mir die Wohnung schön zu reden, denn Nachfrage gab es wohl genug. Nach diesem Termin war ich unmotiviert und ein bisschen hoffnungslos, denn auf die vielen Anfragen, die wir online verschickt hatten, bekamen wir nur sehr selten eine Antwort.  In der Zeitung fand ich eine tolle Anzeige über eine 45m²-Wohnung in Kessenich für 540 Euro warm. Die Wohnung hätte sogar Panoramafenster, hieß es im Anzeigentext. Vor Ort betrat ich die im Erdgeschoss gelegene Wohnung und musste zugeben: die Panoramafenster waren wirklich toll. Leider sind sie ebenerdig gelegen und zeigen den Blick auf einen zur benachbarten Versicherung gehörenden Parkplatz. Wenn ich also morgens die Rollos hochzöge, stünde direkt auf der anderen Seite das erste Auto und dessen Fahrer könnte mich dann durch die Panoramafenster im Schlafanzug bewundern. Meine Ansprüche hatte ich schon runter geschraubt, aber in einem Schaufenster wollte ich trotzdem nicht wohnen.

In den folgenden Wochen plätscherten die Wohnungsbesichtigungen vor sich hin. Die Absagen häuften sich ins Unzählbare. Irgendwann hatte ich mir in fast jedem Bonner Stadtteil eine Wohnung angeguckt und könnte mittlerweile einen ausführlichen Reiseführer schreiben oder Städtetouren anbieten. Wir sind dann dazu übergegangen uns vermehrt im Freundeskreis umzuhören, ob jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der… Und tatsächlich hatten wir Glück:  Eine Freundin meines Mitbewohners wollte raus aus ihrer 56m²-Wohnung am Rande der Südstadt und nach einigem Hin und Her sind wir jetzt stolze Mieter unserer gemütlichen vier Wände. Was bleibt sind vier anstrengende Monate der Suche und detaillierte geografische Kenntnisse über Bonn. Und die Erkenntnis: Hartnäckigkeit ist alles. Wer dran bleibt, der wird auch fündig. Irgendwann.

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