Ein Selbstversuch – Flyer zu Veranstaltungen für einen ganzen Monat sammeln und
dann auch zu jeder Einzelnen hingehen. Ob sich das lohnt und welche Erfahrungen warten,
das habe ich getestet.
von LAUREN RAMOSER
Manchmal entsteht das Gefühl an der Uni Bonn, dass das gesamte soziale Leben, jegliche Veranstaltungen, Hinweise, Einladungen und alles andere, das man auf Papier drucken kann, über Flyer organisiert wird. Ob in den Auslagen in den Gebäuden oder als Platzdeckchen in den Mensen, durch professionelle Flyer-Verteiler oder im Flugblattprinzip. Spätestens aber mit einem Fahrradkorb als zentralem Flyer-Anzugs-Ort: Man kommt nicht an ihnen vorbei. Bisher habe ich meistens dankend abgelehnt. Aber was habe ich dadurch eigentlich verpasst? Wie sähe mein Leben in Bonn aus, wenn ich zu jeder Veranstaltung gehen würde, zu der ich so freundlich, bunt bedruckt und wedelnd eingeladen würde?
Das habe ich getestet. Eine Woche lang habe ich Flyer gesammelt. Mein Fahrradkörbchen hat mich dabei tatkräftig unterstützt und am Freitag häufte sich ein Stapel unterschiedlichster Zettel auf meinem Schreibtisch. Der Redaktionsschluss dieser AKUT als Deadline hat die Veranstaltungsdichte kaum eingeschränkt. Meine Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen würden nicht auf einen Flyer passen, dieser Bericht darüber vielleicht schon. Zu Beginn muss ich festhalten: Wir Bonner sind sehr engagiert. Und wer allein ist oder Langeweile schiebt, der ist selbst schuld. Mein Terminkalender ist einen ganzen Monat randvoll. Die Flyer-Idee nimmt also schon mal jede Menge Freizeit in Anspruch. Viele Veranstaltungen habe ich mit Freunden besucht. Quasi zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. So den Nachtflohmarkt im Kult 41. Schnäppchen, Kurioses und allerlei Trödel bei entspannter Musik und mit Bier in der Hand. Eine gelungene Mischung aus Flohmarktbummel und Barabend. Kontrastprogramm hat ein Vortrag über »Vulva – die große Unbekannte« geboten. Vom AStA organisiert, gab es einen feurigen Fürspruch für das oft zu kurz kommende Genital. Penis versus Vulva. Das muss ja auch nicht sein. Ist es nicht viel mehr eine Symbiose?! Es blieb keine Zeit zum Aufregen. Fernseh- und Physiklehrer-Prominenz Ranga Yogeshwar diskutiert in der Vortragsreihe »zwanzig30« die Zukunft der Städte in der Bundeskunsthalle. Was bleibt, ist die Angst vor der Globalisierung, viele schöne Fotografien von Megacities in China und die Erkenntnis über die oscarreife Parodie des Moderators bei »Switch reloaded«.
Bleiben wir in der Bundeskunsthalle: »Modemethode«. Eine ganze Ausstellung über Zeichnungen und Kleider Karl Lagerfelds und die beispiellose Karriere des Katzenliebhabers. Gestalterisch eindrucksvoll bleibt allerdings die Frage nach dem Mehrwert. Die Wege zwischen all diesen Veranstaltungen lege ich mit dem Rad zurück und kann praktischerweise noch beim Stadtradeln mitmachen. Da fahre ich genauso viel Fahrrad wie sonst, bekomme aber noch einen Gewissensbonus, wieviel CO2 ich gespart habe. Lohnend. Beim »fairen.Frühstück« gibt’s ein gratis Frühstück. Das »finanziert« sich durch ein paar gesprochene Gottesworte. Gottes Wege sind unergründlich, aber sättigend. In jeglicher Hinsicht. Ebenso sättigend war das »Culinara festo« in der Mensa Nassestraße. Da gab es für einen kleinen Beitrag ein internationales All-you-can-eat-Buffet mit ansprechender Bühnenshow als krönendes Dessert. Wo gibt’s die Karten fürs nächste Jahr?! »Triff den Ton«. Singen kann ich nicht. Töpfern auch nicht, aber das wollte ich zumindest auf dem Markt am Münster lernen. Das Mitmachangebot galt allerdings leider nur für Kinder. Sechstes Semester hin oder her.
Eine kostenlose Schreibberatung vom Studentenwerk für das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten hilft immer. Sehr empfehlenswert. Mit #TAUSCHDICHAUS schwimmt auch Greenpeace auf der virtuellen Welle der Coolness mit. Das Prinzip ist einfach. Selfie in neuer Secondhand-Klamotte, Hashtag drunter und ab ins Netz damit. Umwelt retten 2.0. »NY Painting« heißt eine der aktuellen Ausstellungen im Kunstmuseum. Von Bedeutungslosem bis zum Kreuzworträtsellösen mit Jay-Z ist alles dabei. Und zur Ausstellungseröffnung sogar ganz umsonst. Bonn, das Tor zur Welt. Genau wie zur Vergangenheit: »Arthur und Merlin« im Woki zum Studierendenspezialpreis mit anschließendem Clubbesuch. Stimmen im Kopf, das geht ganz leicht bei der Kopfhörer-Party am Alten Zoll. Für jeden die passende Musik. Gemeinsam Einsam trifft es aber auch. SparUni Bonn. Studentisch einfach mal dagegen sein. Und wenn es noch für das eigene Studium ist, umso besser. Auch wenn bei viel Kritik die Verbesserungsvorschläge fehlen.
In den vergangenen knapp drei Wochen hatte ich jede Menge Spaß, trotz terminlichen Engpässen. In abgespeckter Form werde ich das flyergeladene Veranstaltungsbesuchen beibehalten. Mein Fazit auch im Flyer-Stil:
Horizonterweiternd, spannend, kurios, fremdgesteuert. Geht zu allem, was auf Papier gedruckt wird! Es lohnt sich.