Länger als gedacht

Café Kurzlebig – Eigentlich sollte es nur drei Monate existieren, nun sind es schon drei Jahre. Das Café »Kurzlebig« trägt seinen Namen mittlerweile zu Unrecht – den Kunden ist das egal. Sie haben im »Kurzlebig« eine große Auswahl – zum Essen und Erleben.

von Alina Sabransky

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Was macht man mit einem leerstehenden, großflächigen Raum in einer Häuserreihe in der Rathausgasse, die in nicht allzu ferner Zukunft einem seit Ewigkeit geplanten Kaufhauskomplex weichen soll?

Genau: Man eröffnet ein Café! Das jedenfalls dachten sich Sandra Hinze und ein guter Freund im September 2012. Der Bau des neuen Kaufhauses sollte Anfang 2013 beginnen und die Miete musste noch bis Ende des Jahres gezahlt werden. So der Beginn des Bonner Cafés »Kurzlebig«. Ein Low-Budget Projekt mit dreimonatiger Lebensdauer. Ein Café mit Existenz auf Zeit. Daher auch der Name, der, obwohl mittlerweile schon Oktober 2015 ist, immer noch besteht.

Denn das Projekt läuft gut. Sogar richtig gut! Angefangen hat alles mit der Frühstückerei. Hinze, die Chefin, setzte auf Bio und Fair Trade, kaufte hauptsächlich regionale und saisonale Produkte und bietet bis heute ein Angebot, bei welchem für jeden Geschmack und jede Ernährungsweise etwas dabei ist. Vom einfachen Pott-Kaffee bis zum koffeinfreien Soja-Latte, herzhaft, süß, leicht, mediterran, nordisch oder Englisch… Über fast 40 Gerichte erstreckt sich über die Speisekarte.

Doch so spektakulär die Auswahl, so unspektakulär die Wahl der Kunden: »0815« ist die mit Abstand beliebteste Frühstückerei. Weil das Frühstück so großen Andrang fand, gesellte sich 2013 das Abendbrot dazu, welches seit kurzem durch das Schnitzelgeschäft ersetzt wird. Passend zur Oktoberfestsaison und auch in veganer Variante erhältlich. Außerdem verwandelt sich das »Kurzlebig« seit dem Sommer jedes Wochenende ab 20 Uhr in das »Cotton Café«, eine Jazz und Swing Session mit Musik der 20iger und 50iger Jahre. Ab und zu gibt es auch kleine Live-Auftritte von Independent Künstlern und sogar ein Poetry-Slam wurde erst kürzlich veranstaltet. Newcomer sind dort immer herzlich Willkommen und gerne gesehen, denn auch sie sind Teil des besonderen Charmes, den man dort, egal ob zum Frühstück oder abends, immer spürt. Dieser spiegelt sich auch in der Einrichtung wieder, die, zwar nicht top-modern sondern eher improvisatorisch angehaucht ist, vor Liebe zum Detail nur so strotzt. Der SecondHand Lampenschirm im Schaufenster oder das kleine Bücherregal ganz hinten in der Ecke mit den Kniffelbechern auf der Ablage – alles fügt sich irgendwie zusammen. Unterstützt wird das »Kurzlebig« dabei von zwei Künstlern: »Retrolust« und »Elizas kleine Engelsstube«. Beide stellen handgefertigte Wohnaccessoires her – aus Materialien vom Trödelmarkt. Alles Unikate und im Schaufenster zu bewundern, vom stylischen Kuchenständer aus alten Vinylplatten bis hin zum selbstgestrickten Topfuntersetzer. Genauso vielfältig wie das Essen, die Einrichtung und die Musik, ist auch das Publikum. Jede Generation, jedes Geschlecht und jeder Gaumen ist dort vertreten! Doch im März 2016 soll nun Schluss sein. Ausschlaggebend dafür sind allerdings nicht das geplante Kaufhaus und der daraus resultierende Abriss des Bonner Viktoriaviertels, in dem sich auch das »Kurzlebig« befindet. Durch die Entscheidung, von vorneherein nur kurzlebig zu sein, würde der Abriss das Café nicht so gewaltig treffen wie das Café Blau oder das koreanische Restaurant mandu, welche ihre gesamte Existenz in ihr Geschäft gesetzt haben.

Nein, die Zukunft des Café »Kurzlebig« steht und fällt mit dem Abendgeschäft, das zwar gut, aber eben nicht so gut läuft wie die Frühstückerei. Das muss sich ändern! Nachdem nun nacheinander immer mehr Cafés in der Bonner Innenstadt schließen, wäre der Verlust des »Kurzlebigs« nur eine traurige Anreihung an die jüngsten Ereignisse. Man bedenke das Ende vom Café Göttlich und Café Goldbraun. Aber diesmal können wir etwas gegen den drohenden Kaffeekulturverlust tun! Wir können helfen, dem »Kurzlebig« eine langlebige Bleibe zu finden. Denn weitermachen will Sandra Hinze. Wer also eine passende Location kennt, sollte sich bei ihr melden. Bei Erfolg erwartet den Retter ein Jahr lang kostenloses Frühstück. Hört euch um! Und: Neben dem Frühstück empfiehlt sich auch das Abendessen im »Kurzlebig«.

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen