Schenken über‘s Internet
Im Kleiderschrank ist nur Mist, deinen Handmixer brauchst du garantiert nie und auf dem Klavier sammelt sich nur Staub an? Dann befreie dich von deinen alten Sachen und mache anderen damit eine Freude. Free your stuff!
Free Your Stuff Bonn! Für diejenigen, die die Facebook-Gruppe noch nicht kennen, ist es wahrscheinlich unvorstellbar, umsonst mit einem funktionstüchtigen Auto oder einem wertvollen antiken Klavier beglückt zu werden. Und genau dieses skeptische Volk werden wir nun darüber aufklären: Guenady Montagne und Olga Judin übernahmen das Konzept aus Luxemburg. Vor einem Dreivierteljahr gründeten sie die Gruppe in Bonn, die hier sogar noch erfolgreicher ist, das ist zumindest den rasant ansteigenden Mitgliederzahlen zu entnehmen.
Es ist ganz einfach: Wer etwas braucht postet ein „Need“ mit seinem Anliegen in die Gruppe und hofft, dass sich jemand findet, der genau diesen Gegenstand loswerden will. Wer etwas verschenken möchte, postet ein „Give“ in die Gruppe und wartet auf glückliche Kandidaten, denn wer nicht schnell genug ist, geht leer aus. Danach müssen sich Schenker und Nehmer verständigen, wo die Übergabe stattfinden soll. Warum das Konzept so vielversprechend ist, lässt sich mühelos erklären. Zum einen, weil in unserer virtuellen Welt fast jeder einen Facebookaccount besitzt und die „Free Your Stuff“- Gruppe nur „einen Klick“ entfernt ist, so Guenady Montagne. Weitere Mitglieder merken an, dass es Freude bereitet Menschen zu beschenken, und man sich somit den Weg zum Sperrmüll sparen kann. Was bei den einen den Platz im Keller zustellt, können die anderen gut gebrauchen. Ein Mitglied sammelte die Erfahrung, dass das Lachen auf dem Gesicht der Abholer Lohn genug sei und Freude und Hilfe zu bekommen das ist, was die Gruppe ausmacht. Ob man jedoch etwas mit 300 abgelaufenen Kondomen anfangen kann, bleibt bisher ungeklärt. Wie der Administrator uns berichtete, gab es auch einmal einen Witzbold, der versucht habe, durch die Gruppe an Gras zu gelangen. Auch skurril, aber stilvoll ist ein Rednerpult aus dem Landesmuseum. Neben diesen extravaganten Beiträgen gibt es jedoch auch bemerkenswert großzügige Präsente. Zum einen das schon erwähnte Auto und das Klavier, komplette Wohnzimmergarnituren, antike Möbel, funktionstüchtige Fahrräder und eine große Sammlung an Babysachen. Immerhin gibt es auch Menschen, die man mit einer Yukapalme oder mit Holzbrettern erfreuen kann. Neben dem eigentlichen Sinn des Gebens und Nehmens begegnen die Mitglieder vielen freundlichen Menschen, wie uns geschildert wurde. Demnach suchte eine Frau Hilfe, um eine Couch von Bonn nach Berlin zu transportieren und fand in der „Free Your Stuff Bonn“-Gruppe einen hilfsbereiten Autofahrer. Selbst eine Hochzeitstorte, die zur Probe gebacken wurde, verschenkte die Bäckerin in mehreren Stückchen und freute sich jeden Tag über neuen Besuch.
Im Übrigen gehen die Schenker oft nicht leer aus, da sie von den Beschenkten als Dankeschön Kleinigkeiten wie Pfefferminztee oder Blütensamen überreicht bekommen. Leider gibt es aber nicht nur positive Erfahrungen. Gelegentlich wird ernstes Interesse bekundet, die Termine dann aber nicht eingehalten, die Schenker verschwenden einen ganzen Nachmittag und können sich erneut auf die Suche nach einem Interessenten machen. Weiter bemängelt der Administrator, dass es immer wieder mal Fake-Accounts gebe, die mit einem schlecht übersetzten Text Darlehen andrehen wollen. Außerdem fürchtet der Administrator auch eine zu große Mitgliederzahl, die zu Unübersichtlichkeit führen könnte. Auf die Frage, ob in der Gruppe Tauschgeschäfte geduldet würden, teilt Guenady Montagne mit, dass diese nichts in der Gruppe verloren haben, da das Tauschen gegen den sozialen Aspekt der Gruppe verstößt. Im Großen und Ganzen fördert die Gruppe die Bereitschaft für nette Gefälligkeiten untereinander und die Wertschätzung eigentlich abgelegter Güter. Also, Daumen hoch für „Free Your Stuff Bonn“!