Die Menschen hinter der Mensatheke
Die Mensa Nassestraße ist einer der wichtigsten Anlaufpunkte im Alltag der Bonner Studierenden, die mittags nur eine halbe Stunde Zeit haben und trotzdem möglichst satt und zufrieden in die Hörsäle zurückkehren möchten. Dafür verantwortlich sind die circa 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Mensa in den verschiedensten Arbeitsbereichen: von der Küche, über die Essensausgabe und Tellerrücknahme, bis zum Abwasch. Doch wer sind die Menschen hinter den Dienstleistungen überhaupt?
Wir besuchen die Mensa Nassestraße am 20.06.2013. Um 12:00 Uhr ist Stoßzeit. Das Essen ist gekocht, vor dem Eingang drängen sich hungrige Studierendenmassen.
Der Mensaleiter Hans-Rudolf Hascher, mit 40 Jahren Betriebserfahrung ein Urgestein in der Mensa, empfängt uns in seinen heiligen Hallen und ermöglicht uns einen Einblick in den Arbeitsalltag der Mitarbeiter.
Es herrschen tropische Verhältnisse hinter den Theken der Essensausgabe, denn zwei Tage schwüle Sommerhitze (gestern herrschten in der Küche noch kuschelige 40 Grad) entladen sich nun in einem kräftigen Wolkenbruch. Nach und nach füllen sich die Kellerräume der Mensa mit Wasser und Teile der Belegschaft versuchen die gelagerten Waren vor den Wassermassen zu retten. Trotzdem nehmen sich einige der Mitarbeiter Zeit für uns, während Herr Hascher im Keller als Krisenmanager gefragt ist:
Olga Gaak, 48 Jahre, an der Salatbar
Wer auf seine schlanke Linie achtet und regelmäßig in der Mensa Salat isst, kennt mit Sicherheit auch Olga Gaak. Seit 14 Jahren ist sie Angestellte der Mensa. Angefangen hat sie in der Putzkolonne und der Essensausgabe, mittlerweile ist sie verantwortlich für alles Grünzeug und gibt der Salatbar als Kassiererin ein Gesicht.
Bevor sie nach Deutschland kam, arbeitete Olga Gaak in ihrer Heimat Kasachstan als Erzieherin. Die Studierenden sind ihrer Meinung nach aber wohlerzogen und „alle freundlich“. Sie empfiehlt ihnen besonders den Couscous-Salat und Tortellini.
Galina Kühn, 53 Jahre, an der Tellerrücknahme
Galina Kühn ist die stets freundliche Frau an der Tellerrücknahme, der auch das tagtägliche Predigen des Rückgabesystems am Fließband nicht das Lächeln nehmen kann. Nach ihrer Erfahrung sind die meisten Studierenden „ganz nett“ und befolgen die Anweisungen, wobei nur selten „mal einer frech wird oder böse schaut“.
Doch die paar aufmüpfigen Studierenden können Galina Kühn nach fünf Jahren Studium an einem pädagogischen Institut in ihrer Heimat Kasachstan ohnehin nicht aus der Ruhe bringen. Ihr Diplom zur Lehrerin für russische Sprache und Literatur wurde ihr in Deutschland jedoch nicht anerkannt, weswegen sie vor vierzehn Jahren zunächst als Vorarbeiterin und Spülkraft in der Mensa Römercastell anfing zu arbeiten. Als Mutter von zwei Kindern befand sie pragmatisch: „Egal was für Arbeit, Hauptsache Arbeit.“ Die Literatur liegt ihr nach wie vor am Herzen, muss jedoch hinter ihren drei Enkeln zurückstehen.
Patrick Kaboya, 26 Jahre, Koch
Angefangen hat der gebürtige Kenianer 2008 als Spüler in der Mensa Nassestraße. Zu jung, um seine berufliche Laufbahn am Spülbecken zu beenden, wurde ihm dort nach einem Jahr Anstellung ein Ausbildungsplatz zum Systemgastronom angeboten — nach eigenen Angaben das Beste, was ihm nach zahlreichen Aushilfsjobs in verschiedenen Hotels und Gastronomiebetrieben passieren konnte. „Ich bin in der Mensa groß geworden“, sagt der junge Mann, der im Alter von neun Jahren mit seiner Familie zunächst nach Holland migrierte und auch heute noch seinen gesamten Jahresurlaub in Kenia verbringt.
Kaboya verwirklicht sich in der Mensa vor allem in der vegetarischen und veganen Küche. Die Idee zum Angebot der dritten Etage entstand im Zuge eines Auszubildendenprojekts, an dem auch er mitwirkte. Gekocht wird nach hauseigenen Rezepten, wobei bei der Gestaltung des Buffets auch mal Kreativität gefragt ist. Der Koch selbst ist selten Gast in der Mensa, versichert sich aber durch regelmäßige Kostproben der Geschmacksqualität und empfiehlt natürlich die Gerichte der dritten Etage, vor allem das Linsencurry.
Die „super Atmosphäre“ unter den Kollegen trotz teilweise großer Altersunterschiede schätzt Kaboya an seiner Arbeit vor allem. Durch seine offene und lebenslustige Art trägt er sicherlich selbst dazu bei.
Ivana Malesevic, 29 Jahre, in der Kalten Küche
Ivana Malesevic ist in verschiedenen Abteilungen der Mensa tätig, hauptsächlich jedoch in der Kalten Küche. Hier ist sie täglich von 7:00 bis 15:15 zuständig für die Produktion von Nachtischen und kleinen Spezialitäten für den mensaeigenen Cateringservice. Das frühe Aufstehen ist sie schon von ihrer Ausbildung zur Bäckerin gewohnt. Da ihr dieser Abschluss aus Serbien in Deutschland nicht anerkannt wurde, kam sie vor sechs Jahren zur Mensa. Die Arbeit dort gefällt ihr ausgesprochen gut. „Die Kollegen sind super“, sagt sie und schätzt, dass sie neue Rezepte ausprobieren und ihre eigenen Ideen anbringen kann. Für die Desserts ist der Maßstab vor allem ihr eigener Geschmack. „Nach dem Essen braucht man was Süßes!“, findet sie und ihre persönliche Empfehlung ist deshalb auch Müsli-Mandarinen-Quark, Panna cotta und Crème brûlée.
Anmerkung: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir Namen und Alter von Olga Gaak falsch angegeben. Wir bitten um Entschuldigung. (Die Redaktion)