Über der Uni kreist der Pleitegeier

KOMMENTAR VON FLORIAN ESSER

Florian__Karikatur ÜA

Illustration: Florian Eßer / AKUT

Die Plakate dürfte jeder Student und jede Studentin der Uni gesehen haben: Ein deprimierter Albert Einstein präsentiert die leeren Taschen seiner geflickten Hose. Ähnlich, wie wenn man von den Freunden gefragt wird, ob man auch noch ein Bier will. Am Monatsende. Ein demütiger Blick, leere Taschen, hoffen. Drink doch ene met… Kein Geld für Bier, kein Geld für Forschung, kein Geld für Bildung, jedoch aber für Exzellenzinitiativen. Und die Fächer, die nicht dazu zählen, die können gucken wo sie bleiben und die Mülltonnen nach Apfelkittchen und Fischgräten durchstöbern. An der Bonner Universität herrscht daher ein berechtigter Futterneid: Während das Sparschwein der Uni gefüttert wird, drücken sich die hungernden Professuren an der Scheibe die Nasen platt. Dummerweise hat das Schwein aber einen großen Appetit und lässt nur selten etwas unter den Tisch fallen. Dadurch werden 17 Professuren »stillgelegt«, was etwas netter klingt als »gestrichen«, aber eben auch nur einen Euphemismus darstellt. Weniger schönredend sind da schon die Begriffe »Trauermarsch« und »Leichenschmaus«, mit denen das Bündnis »SparUni Bonn« ihre Aktionen betitelt und darauf aufmerksam machen möchte, dass sich die Uni in einer finanziellen Schieflage befindet. So wurden in der Geowissenschaft letztes Jahr bereits zwei Professuren eingespart und die Stellen vieler wissenschaftlicher Mitarbeiter gestrichen. Das macht die Uni aber auch nicht aus purem Sadismus – der Hund liegt in den finanziellen Grundmitteln begraben: Während die Kosten für Sanierung, Strom etc. steigen, bleiben die Grundmittel konstant auf demselben Level. Mit einem Becher Wasser kann man jedoch bekanntlich keinen Swimmingpool füllen und dass fünftausend Menschen von fünf Broten und zwei Fischen satt werden, das funktioniert auf wundersame Weise auch nur in der Bibel. Aber genau das ist es, was die Uni bräuchte. Ein Wunder. Make it rain. Nur wer soll Geld regnen lassen? Das Land? Ein Witz. Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen. Davon ist die Uni Bonn aber nicht alleine betroffen. Vielen Hochschulen geht es da ähnlich, sie suchen die Schuld bei den Ländern, die wiederum zeigen auf den Bund und der ist auch pleite und keiner will‘s gewesen sein. Scheinbar gibt’s hier viele nackte Männer ohne Taschen. Nun ist die Uni aber auch nicht bloß ein Opfer des finanzpolitischen Strippokers, sondern hätte sie frühzeitig einmal ihre Asse spielen können, um ein komplettes Blankziehen zu verhindern. Die Rede ist immerhin von einem Acht-Millionen-Euro-Defizit jährlich und diese Negativentwicklung hätte den Zuständigen auch gewiss früher auffallen können. Nun aber beschließt Bonns Klein-Griechenland am falschen Ende zu sparen, nämlich an dem Ende, für das eine Universität letzten Endes steht: An der Bildung. Klingt blöd, ist es auch, aber damit nicht genug. Im Jahr 2020 versucht Nordrhein-Westfalen mit einer Schuldenbremse die Katastrophe aufzuhalten und den Kostenzug zu stoppen. Dafür muss man Opfer bringen. Die Mittel für Hochschulen werden noch knapper, und wie die rivalisierenden Banden in einem postapokalyptischen Endzeit-Thriller werden die einzelnen Universitäten um die verbleibenden Ressourcen und Drittmittel kämpfen müssen. Die Bonner Universitätsleitung hat schon jetzt weitere Kürzungen in Erwägung gezogen. Damit Albert aber nicht auch noch sein letztes Hemd abgeben und sich in die lange Reihe der nackten Männer gesellen muss, fordert das Bündnis »SparUni Bonn« ein Ende der Unterfinanzierung mittels einer soliden Grundfinanzierung durch den Bund und das Land NRW. Dafür sollen die Fakultäten gemeinsam auf die Barrikaden gehen und die Flagge des gemeinsamen Streites für eine bessere Hochschulpolitik schwenken – »Die (Finanz-)Freiheit für die Bildung«. Denn, das müssen alle Universitäten, Fakultäten und Fachschaften begreifen: Wir sitzen alle im selben Boot. Und wie schnell das untergehen kann, wenn es einmal Leck geschlagen hat, davon kann die Universität Bonn ein trauriges, trauriges Lied singen.

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