Weder stark noch schwach

Genderpolitik – Das Studentenwerk ist jetzt auch geschlechtsneutral und heißt Studierendenwerk. Neuer Name – Thema vom Tisch? Interessiert es wirklich jemanden, ob es Studentenwerk, Studierendenwerk oder Studenten-und-Studentinnenwerk heißt?

von Hannah Rapp

(Illustration: Florian Eßer / AKUT)

(Illustration: Florian Eßer / AKUT)

Wenn frau oder man oder alle, die sich irgendwo dazwischen einordnen würden, mal »Gender-Diskussion« oder »Gender-Witze« googeln, wird einem nur allzu deutlich, dass dieses Thema in den letzten Jahren wohl in jedem deutschen Medium behandelt wurde. Nicht mehr wirklich motiviert, da es wohl kaum etwas Neues zu schreiben gibt, sitze ich also nun vor meinem Laptop.

Etwas missmutig denke ich kurz darüber nach, mich selbst umzubenennen, um der Aufgabe zu entfliehen, einen Text zu diesem Thema abzuliefern.

In meiner trüben Stimmung frage ich mich: Was qualifiziert mich denn nun eigentlich dazu, über dieses Thema zu schreiben? Und wie will ich mich in dieser Sache positionieren? Gut, ich gehöre dem Geschlecht an, dem diese Umbenennung irgendwie zu Gute kommen soll. Und die nächste Frage schließt sich gleich an: Emotionalisiert mich diese Umbenennung in irgendeiner Art und Weise? Lachen, Weinen, Staunen, Wut oder Wow? Und die nächste Frage führt noch weiter in eine vermeintliche Sackgasse: Ich persönlich finde das Thema interessant genug, um darüber zu schreiben. Auch einige Hochschulgruppen kommentierten die Umbenennung nahezu euphorisch, aber: Interessiert es den Ottonormal-Studierenden oder schreibe ich gerade einen Artikel, der nie gelesen wird, weil er so oder so ähnlich schon hundertmal gelesen wurde?

Nicht mehr ganz so motiviert und etwas zweifelnd an meinen Fähigkeiten, diesen Artikel dramaturgisch aufregend zu gestalten, muss ich feststellen, dass die besagte Umbenennung in mir weder positive, noch negative Emotionen hervorruft. Ich finde es weder besonders aufregend, noch finde ich es falsch, dass dafür Geld ausgegeben wird (wie manche andere Studierende bereits äußerten).

Heißt das, dass mich die Gleichstellung der Geschlechter nicht genug interessiert und ich mich nicht feministisch genug verhalte? Sollte ich mich nicht darüber freuen, dass Frauen nun endlich an offizieller Stelle sprachlich berücksichtigt werden? Oder kommt diese Umbenennung einfach 40 Jahre zu spät? Hätte das »Studierendenwerk« die Menschen in den wilden Siebzigern emotionalisiert und auf die Straße gebracht?

Es ist ja nicht so, als würde das Thema »Gender« nicht auch heute noch eine halbwegs wilde Diskussion am WG-Küchentisch auslösen. Nur flacht diese auch schnell wieder ab, da alle ja eh total sprach- und genderbewusst sind und schon vor fünf Jahren für die Einführung des genderneutralen Profx plädiert haben. In einem studentisch-geprägten Umfeld scheint diese Diskussion tatsächlich schon fast zu oft geführt. Und so kann ich mir auch nur schwer vorstellen, dass die Erstis von 2017 (da soll die Neubeschilderung fertig sein), wenn sie auf die Mensa zuschlendern, mit zufrieden-erstaunter Mine denken: »Oh, ein genderneutrales Schild!« Genauso, wie wohl die wenigsten Studierenden vor dem jetzigen Schild stehen bleiben und im Kern erschüttert oder vor Wut entbrannt nach einer Spraydose schreien, um diese Schweinerei unkenntlich zu machen.

Obwohl es also mit dem Studierendenwerk hin zu einer gerechteren Sprache geht, löst es – außer bei wenigen Ausnahmen – keine überschäumenden Reaktionen aus. Die neuen Schilder werden kommen und kaum jemand wird den Wechsel wahrnehmen. Was bleibt, ist die Frage: Was zur Hölle passiert mit den ganzen alten Studentenwerks-Schildern?

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen