Something wicked this way comes

Achtung: Schusswaffengebrauch auf der Bühne! – Macbeth in der Brotfabrik. Von Florian Eßer

(Foto: Jella Ritzen)

(Foto: Jella Ritzen)

Ein vermummter Gefangener kniet auf dem Boden, links und rechts flankiert von Terroristen mit Skimasken und Sturmgewehren. Ein Newsticker verkündet die neuesten Eilmeldungen und Aktienkurse. Sieht aus wie eine ganz normale Nachrichtensendung auf N24. Bis drei Hexen auf die Bühne kommen und den Geiselnehmern die Hälse brechen. So was sieht man auf N24 nicht. Willkommen bei Macbeth.

Jene Hexen sind es auch, die Hauptcharakter Macbeth (Thomas Pähler) prophezeien, dass er bald König von Schottland werde – wofür der aktuelle König, Duncan (Marc Erlhöfer), jedoch den Platz räumen muss. Angestachelt von Lady Macbeth (Imke Lichterfeld) zieht ihr Gatte los, um Duncan zu erstechen: Dolche, Mord und Kunstblut.

Weitere Verbrechen folgen, weder Freund noch Feind sind vor dem zunehmend von Macht und Paranoia getriebenem Macbeth sicher. Er wird zum verrückten Despoten, zum unbarmherzigen Kim Jong-un Schottlands – und schließlich zur Gefahr für sich und sein Reich. Wie einst der Gier, verfällt er nun dem Wahnsinn. Halluzinationen vermischen sich mit der Realität: Macbeth begegnet dem Geist seines Freundes Banquo (Ben Heering), der auf seinen Befehl hin von Attentätern getötet wurde, und schließlich auch seinem Schicksal.

Soweit, so Shakespeare.

Was dem alten Klassiker aber neue Frische verschafft, ist die fabelhafte Umsetzung der Bonn University Shakespeare Company (BUSC), die das »Schottische Stück« auf der Bühne des Kulturzentrums »Brotfabrik« in eine moderne Dystopie verwandelt. Da kommen Mobiltelefone und Schusswaffen zum Einsatz, die – durch realistische Effekte – für den ein oder anderen Schreckmoment in den Zuschauerreihen sorgen. Kostüme und Licht, sowie das Bühnenbild, schaffen eine düstere Atmosphäre, die durch die gute Schauspielleistung noch verstärkt und auch außerhalb des Stückes fortgesetzt wird. Nachdem Duncan etwa den Königstod gestorben ist, kann man während der Pause im Foyer seine Gedenktafel studieren – oder Plakate, die für die fiktive »Duncan-Cola« werben. Schöne Details.

Orientiert wird sich auch an reellen Diktaturen, wie dem Dritten Reich: Die Soldaten Macbeths tragen charakteristische Stahlhelme und Armbinden, ein riesiges Porträt des Tyrannen propagiert den Führerkult. Und wenn Macbeth schließlich, unterstützt von einem knarrendem Mikrophon, zu seiner letzten großen Rede ansetzt, glaubt man tatsächlich, Darsteller Thomas Pähler sei ein hauptberuflicher Diktator, der zwischen zwei Staatsbanketten sich selber mimt.

Vor diesem Hintergrund – Maschinenpistolen, Handys, Cola-Werbung – wirkt die altenglische Originalsprache des Stückes teilweise zwar etwas ulkig, niemals aber fehl am Platz. Die Vermischung all dieser großen und kleinen Aspekte, von Tradition und moderner Inszenierung, trägt zum Eigencharakter des Stückes bei. Bloß kann die Sprache bei einer Dauer von knapp drei Stunden etwas anstrengend werden. Für die Zuschauer, wie sicherlich auch für die Schauspieler. Die lassen sich das aber überhaupt nicht anmerken.

Dialoge wechseln sich mit Action-Szenen ab, die aber niemals nur Mittel zum Zwecke der Unterhaltung sind. Da wird gebrüllt und geeifert, geschossen und gekämpft wie in einem Martial-Arts-Film: Treten, ducken, schlagen, werfen – und am Ende heißt es dann: »justice will be done«.

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